Navigation

PSA, persönliche Schutzausrüstung
Foto: © sandyman - Shutterstock

PSA: Diese 4 Punkte muss jeder Vorgesetzte kennen

  • 09.04.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 5 Min.

Dass Sie Ihre Mitarbeiter zum Verwenden von PSA unterweisen sollten, ist Ihnen als Sifa nichts Neues. Doch PSA-Tragepflichten betreffen nicht nur die Mitarbeiter, sondern in mehrfacher Weise auch alle Vorgesetzten, und zwar unabhängig davon, ob der Vorgesetzte an seinem Arbeitsplatz selbst PSA tragen muss. Die folgenden Punkte sollten Sie deutlich machen, wenn Ihre Unterweisungsteilnehmer als Vorarbeiter, Meister, Ausbilder oder in anderen leitenden Funktionen Vorgesetzte sind und Personal- und Führungsverantwortung haben.

1. PSA-Gebote gelten für jeden!

Diesen Punkt kann man kaum oft genug wiederholen. Jeder bedeutet wirklich jeder. Ausnahmen sind nirgendwo vorgesehen. Wenn in einem Laborbereich Augenschutz vorgeschrieben ist, gilt das für die Reinigungskraft genauso wie für den Laborleiter oder den Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Weder eine jahrzehntelange Berufserfahrung noch ein Professorentitel oder sonstiger „Promistatus” hebeln eine Tragepflicht für Schutzausrüstung aus.

Wenn z. B. Ihre Unternehmensleitung die Delegation ausländischer Geschäftspartner oder die Abordnung von Gemeinderäten ohne Kopf- oder Augenschutz durch einen Produktionsbereich führt, in dem Tragegebote gelten, untergräbt dies alle Ihre Bemühungen um Trageakzeptanz. Wenn solche Situationen in Ihrem Unternehmen vorkommen, sollten Sie die Betreffenden ansprechen und auf sicherheitsgerechtes Verhalten pochen. Besteht keine Einsicht, ist es ratsam, dass Sie Ihr Anliegen schriftlich vorbringen. Manchmal können Sie auch selbst dazu beitragen, Konflikten vorzubeugen. Zum Beispiel könnten Sie neben dem Eingang eine Kiste mit Schutzbrillen bereithalten. So kann jeder Besucher an der Führung teilnehmen, mit Schutz-Überbrillen sind auch Brillenträger nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für andere notwendige PSA wie Sicherheitsschuhe, Gehörschutz oder Haarnetze.

2. PSA ist immer nur das Mittel letzter Wahl!

Das TOP-Prinzip ist keine unverbindliche Faustregel, sondern für die Rangfolge von Arbeitsschutzmaßnahmen verpflichtend. Erst wenn technische und organisatorische Maßnahmen nicht möglich sind oder sich als nicht wirksam genug herausstellen, darf der Arbeitgeber für die betreffende Tätigkeit allein auf Schutzausrüstung setzen. Die Betriebssicherheitsverordnung verlangt – etwas zugespitzt formuliert –, dass ein Unternehmen so wenig PSA wie möglich einsetzt und ansonsten auf andere Lösungen zum Vorbeugen von Unfällen und Verletzungen baut.

§ 4 BetrSichV: „Technische Schutzmaßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen, diese haben wiederum Vorrang vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen. Die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung ist für jeden Beschäftigten auf das erforderliche Minimum zu beschränken.”

PSA darf niemals ein Ersatz für andere zumutbare Schutzmaßnahmen sein, die man sich aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen ersparen will. Es ist nicht zulässig, organisatorische oder technische Mängel im Arbeitsschutz dadurch „auszugleichen”, dass man seine Belegschaft zum Tragen von PSA verpflichtet.

Ein simples Beispiel macht dies deutlich: Wo ein Raum mit Reinigungsmitteln verschmutzt ist, Flüssigkeiten lecken, Behälter nicht geschlossen sind, kristalline Reste auf dem Boden auf eingetrocknete Pfützen schließen lassen oder uralte Gebinde mit unleserlichen Etiketten in der Ecke verstauben, sind Aufräumen, Saubermachen, Ordnen, Aussortieren und Kennzeichnen angesagt. Hier einfach nur anzuordnen „Dann zieht halt sicherheitshalber dort alle Handschuhe an …” wäre der falsche Weg, die Gefährdungen in den Griff zu bekommen.

Selbstverständlich sollten im geschilderten Beispiel beim „Ausmisten” (mindestens) Schutzhandschuhe getragen werden. In der Verantwortung des Arbeitgebers und der betrieblichen Vorgesetzten liegt es jedoch, hier für mehr Sicherheit durch Sauberkeit und Ordnung zu sorgen, Gefährdungen zu beurteilen, Betriebsanweisungen zu erstellen, zu unterweisen, Hilfsmittel zum sicheren Ab- und Umfüllen zu besorgen usw. Hier muss der Arbeitsschutz für diesen Raum neu organisiert werden, dies geschieht nicht dadurch, dass man eine Packung Schutzhandschuhe bestellt.

3. Zur PSA muss unterwiesen werden!

Seien Sie sich stets bewusst, dass PSA kein Allheilmittel ist. Der betriebliche Arbeitsschutz wird nicht dadurch verbessert, dass man große Vorräte an PSA-Komponenten anlegt. PSA nutzt nichts, wenn sie nicht getragen wird – und PSA kann sogar zu gesundheitlichen Schäden führen, wenn sie nicht auf die richtige Art und Weise verwendet wird.

Dies gilt nicht nur für PSA gegen Absturz, sondern z. B. auch für den Hand- oder Atemschutz. Wenn eine Schutzmaske nicht dicht sitzt oder ein ungeeigneter Chemikalienschutzhandschuh verwendet wird, weil Mitarbeiter mit dem Verwenden von PSA allein gelassen werden, können sie ihre Gesundheit – gerade weil sie sich auf den vermeintlichen Schutz verlassen – schwer schädigen.

Zur Beschaffung von PSA-Komponenten muss daher stets dazugehören, dass die Mitarbeiter zu deren Einsatz, den Einsatzgrenzen, der Tragedauer, Pflege und Aufbewahrung unterwiesen werden. Je nach PSA, etwa für Gehörschutz oder PSA gegen Absturz, gehören dazu auch verpflichtende praktische Übungen.

4. Tragegebote sind verbindliche Anweisungen!

Jeder Vorgesetzte ist dafür mitverantwortlich, dass PSA-Tragepflichten in seinen Arbeitsbereichen eingehalten werden. Das alleinige Anordnen und Aufhängen von Gebotsschildern genügen nicht. Ein Vorgesetzter sollte durch sein Verhalten auch selbst dazu beitragen, dass die Bereitschaft zum Tragen von PSA wächst. Dies geschieht dadurch, dass er seinen Mitarbeiten signalisiert, dass er das Tragen von PSA bemerkt und wertschätzt. Das kann durch ein einfaches „Daumen hoch” erfolgen, durch ein explizit ausgesprochenes Lob oder aber auch durch weitere Zeichen von Anerkennung. Es kann z. B. ein guter Grund sein, einen Mitarbeiter mit einer besonders verantwortungsvollen Aufgabe zu betreuen, wenn dieser sich dadurch auszeichnet, dass er seine PSA benutzt und pfleglich damit umgeht.

Auf der anderen Seite sollte ein Vorgesetzter Mitarbeiter, die Tragegebote missachten, deutlich und so zeitnah wie möglich darauf ansprechen. Beim ersten Mal empfiehlt es sich, nach den Gründen für das Nicht-Tragen zu fragen: Passt die PSA nicht, ist sie unbequem oder behindert sie zu stark bei bestimmten Aufgaben? Dann gilt es, gemeinsam mit der Sifa nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen und die Gefährdungsbeurteilung entsprechend zu überarbeiten. Stellt sich heraus, dass eine vorgeschriebene PSA allein aus Bequemlichkeit, Unlust oder Ignoranz nicht benutzt wird, sollte dem Betreffenden deutlich gemacht werden, dass der Betrieb dies nicht duldet. Jedem muss klar sein, dass PSA-Tragegebote – ob mündlich unterwiesen, per Betriebsanweisung oder durch Kennzeichnung der Arbeitsstätte – verbindliche Anweisungen des Arbeitgebers darstellen.

Fehlt es an Autorität oder ändert sich das Verhalten des Mitarbeiters aus anderen Gründen nicht, ist der Vorgesetzte gut beraten, mögliche Sanktionsmöglichkeiten mit der Betriebsleitung oder dem Personalbüro abzuklären. Drohungen sind zwar selten ein gutes Mittel, um Lernerfolge zu erzielen. Doch Vorgesetzte wie uneinsichtige Mitarbeiter sollten wissen, dass das Nicht-Tragen von Schutzausrüstung arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zu Abmahnung, Versetzung oder Kündigung haben kann. Denn wer das Tragen von PSA bei seiner Tätigkeit verweigert, darf an dem jeweiligen Arbeitsplatz nicht mehr eingesetzt werden und muss die Konsequenzen tragen.

Selbstverständlich ist der Vorgesetzte beim Achten auf Tragegebote nicht allein in der Pflicht. Das betrifft auch Sie als Sifa. Ebenso ist es auch eine Aufgabe Ihrer Sicherheitsbeauftragten, „sich von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der (…) persönlichen Schutzausrüstungen zu überzeugen” (DGUV-Vorschrift 1). Im optimalen Fall und bei einer gut entwickelten Sicherheitskultur in einem Betrieb machen sich die Mitarbeiter gegenseitig aufmerksam, wenn jemand vorsätzlich oder versehentlich einen vorgeschriebenen Schutz für Augen, Ohren, Hände usw. „vergisst”.

Fazit

PSA anzuschaffen ist noch keine Organisation des Arbeitsschutzes. Organisatorische Versäumnisse oder technische Mängel in Sachen Sicherheit dürfen nicht damit kaschiert werden, dass man für seine Mitarbeiter Schutzausrüstung einkauft. Auch das Beschaffen von hochwertigster Schutzausrüstung macht weder das Benennen der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder der Sicherheitsbeauftragten überflüssig noch das Durchführen von Gefährdungsbeurteilungen, das Aushängen von Betriebsanweisungen oder das Unterweisen. Die Bereitstellung von PSA durch den Arbeitgeber ist stets Teil einer umfassenden Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes.

PS: Finden Sie weitere wichtige Fachinformationen, Vorlagen, Muster und hilfreiche Videos zum Thema PSA und informieren Sie sich über die neue PSA-Verordnung!