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Flucht- und Rettungswege im Betrieb: Alle Vorschriften auf einen Blick

  • 02.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 17 Min.

Betrieblicher Brandschutz ist wichtig, damit Sie immer auf der sicheren Seite sind. Dabei sind Sie als Brandschutzhelfer täglich neuen Herausforderungen ausgesetzt und müssen in allen Belangen den Überblick behalten. Die relevantesten Themen finden Sie kurz und kompakt aufbereitet in dem Handbuch „Betrieblicher Brandschutz leicht gemacht“. 

Was ist der Unterschied zwischen einem Fluchtweg und Rettungsweg?

Die Begriffe Fluchtweg und Rettungsweg werden oft synonym verwendet. In den Bauordnungen zum Beispiel werden Flucht- und Rettungswege daher unter Rettungsweg zusammengefasst.

Sonderbauverordnungen oder die Technischen Regeln für Arbeitsstätten betrachten diese Begriffe jedoch getrennt voneinander. Doch worin genau liegt der Unterschied?

Definition: Was sind Fluchtwege?

Fluchtwege sind beispielsweise Treppen, Flure und Ausgänge, die ins Freie führen. Über die Fluchtwege müssen Menschen und Tiere das Gebäude bei einem Brandfall oder einer Explosion schnell verlassen können. Darüber hinaus dienen Fluchtwege der Selbstrettung.

Weitere Beispiele für Fluchtwege sind:

  • notwendige Treppen mit erforderlichem Treppenraum
  • nicht notwendige Treppen
  • Notleitern

Notwendige Treppen und notwendige Treppenräume bilden die vertikalen Flucht- und Rettungswege. Treppen oder Treppenräume sind immer dann notwendig, wenn bauaufsichtliche Rettungswege über sie geführt werden.

Darüber hinaus lautet die offizielle Definition für Fluchtwege nach den technischen Regeln für Arbeitsstätten:

Fluchtwege sind Verkehrswege, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die der Flucht aus einem möglichen Gefährdungsbereich und in der Regel zugleich der Rettung von Personen dienen. Fluchtwege führen ins Freie oder in einen gesicherten Bereich. Fluchtwege im Sinne dieser Regel sind auch die im Bauordnungsrecht definierten Rettungswege, sofern sie selbstständig begangen werden können.

[(ASR A2.3 (Ziff. 3.1)]

Fluchtwege werden nochmals unterschieden:

Erster Fluchtweg Zweiter Fluchtweg
Den ersten Fluchtweg bilden die für die Flucht erforderlichen Verkehrswege und Türen sowie die nach dem Bauordnungsrecht notwendigen Flure und Treppenräume für notwendige Treppen und Notausgänge. Die Fluchtweglänge wird als Luftlinie angegeben, wobei die tatsächliche Lauflänge, die sich durch Einrichtungen, Anlagen und Mobiliar ergibt, maximal das 1,5-Fache betragen darf. Die Fluchtweglänge hängt von den jeweiligen Räumlichkeiten ab.

Der zweite Fluchtweg dagegen führt durch einen zweiten Notausgang, der als Notausstieg ausgewiesen sein kann.

Definition: Was sind Rettungswege?

Im Gegensatz zu Fluchtwegen sind Rettungswege die Zugänge und Wege für Einsatzkräfte, wie beispielweise der Feuerwehr. Über den Rettungsweg können sie verletzte Personen und Tiere außerhalb des Gebäudes in Sicherheit bringen. Zudem ist die Brandbekämpfung über die Wege möglich. Rettungswege dienen der Fremdrettung. Auch bei den Rettungswegen wird zwischen dem ersten und dem zweiten Rettungsweg unterschieden.

Erster und zweiter Rettungsweg: Vorschriften und Anforderungen

Der erste Rettungsweg ist eine stets vorhandene feste bauliche Einrichtung, die ohne fremde Hilfe begangen werden kann. Dieser kann sich aus dem horizontalen Rettungsweg (Flur), dem vertikalen Rettungsweg (notwendige Treppe) sowie den Ein- und Ausgängen zusammensetzen. Üblicherweise muss dieser Rettungsweg auf eine öffentliche Verkehrsfläche führen.

Beim zweiten Rettungsweg handelt es sich entweder um eine weitere ständig vorhandene bauliche Einrichtung, die ohne fremde Hilfe begangen werden muss oder es ist eine Einrichtung, die im Gefahrfall durch Rettungskräfte der Feuerwehr gestellt wird. Ein Beispiel für den zweiten Rettungsweg ist eine Drehleiter.

Diese Artikel finden Sie ebenfalls zum Thema Flucht- & Rettungswege auf Saftey Xperts:

Als Brandschutzverantwortlicher sind Sie dafür zuständig den Brandschutz sicherzustellen und weiter auszubauen. Der Leitfaden für Sie als Brandschutzverantwortlicher hilft Ihnen dabei den Überblick zu bewahren.

Vorschriften zur Länge und Breite von Fluchtwegen

Flucht- und Rettungswege müssen zur Sicherheit stets eine bestimmte Länge beziehungsweise Breite vorweisen. Die folgenden Tabellen liefern eine Übersicht über die vorgeschriebene Fluchtweglänge sowie Mindestbreite von Rettungswegen.

Überblick der Fluchtweglänge in einer Tabelle

Länge Rettungsweg LuftlinieRäumlichkeiten
35 MeterIn Wohn- und Verwaltungsgebäuden sowie in Arbeitsräumen ohne besondere Gefährdungen und in brandgefährdeten Räumen mit selbsttätigen Feuerlöscheinrichtungen
25 MeterIn brandgefährdeten Räumen ohne selbsttätige Feuerlöscheinrichtung
20 MeterIn giftstoff- und explosionsgefährdeten Räumen
10 MeterIn explosivstoffgefährdeten Räumen

Die Rechtsgrundlagen sind einerseits die Landesbauordnungen (LBO), andererseits die Arbeitsstättenverordnung und die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR).

Die Mindestbreite von Flucht- und Rettungswegen bemisst sich nach der Höchstzahl der Personen, die im Notfall den Rettungsweg benutzen müssen.

Überblick der Mindestbreite von Flucht- und Rettungsplan in einer Tabelle

PersonenanzahlMindestbreite nach ASR A2.3
bis 50,875 Meter
bis 201,00 Meter
bis 2001,20 Meter
bis 3001,80 Meter
bis 4002,40 Meter

Die Höhe über Fluchtwegen muss mindestens 2,00 Meter betragen und darf bei Türen um maximal 0,05 Meter reduziert sein.

Vorschriften für Notausgänge und Fluchttüren

Im Zusammenhang mit Fluchtwegen müssen die Notausgänge näher definiert werden. Diese müssen im Rahmen des Brandschutzes zu jeder Zeit leicht und ohne fremde Hilfsmittel geöffnet werden können. Darüber hinaus dürfen sie nicht verstellt oder eingeengt und müssen eindeutig als Notausgang erkennbar sein. Außerdem dürfen Notausgänge nicht von Gegenständen begrenzt werden, die leicht umgestoßen werden können. Türen, die sich manuell betätigen lassen, müssen in Fluchtrichtung aufschlagen.

Notausgänge müssen leicht erkennbar sein © MATTHIAS BUEHNER | Adobe Stock

Die Aufschlagrichtung von sonstigen Türen im Verlauf von Fluchtwegen hängt von dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ab, die im Einzelfall unter Berücksichtigung der örtlichen und betrieblichen Verhältnisse, insbesondere der möglichen Gefahrenlage, der höchstmöglichen Anzahl der Personen, die gleichzeitig einen Fluchtweg benutzen müssen sowie des Personenkreises, der auf die Benutzbarkeit der Türen angewiesen ist, durchzuführen ist.

Karussell- und Schiebetüren, die ausschließlich manuell betätigt werden, sind in Fluchtwegen unzulässig.

Türen im Verlauf von Fluchtwegen und Notausstiegen müssen sich leicht und ohne besondere Hilfsmittel öffnen lassen, solange Personen im Gefahrenfall auf die Nutzung des entsprechenden Fluchtweges angewiesen sind.

Verschließbare Türen und Tore im Verlauf von Fluchtwegen müssen jederzeit von innen ohne besondere Hilfsmittel leicht zu öffnen sein.

Am Ende eines Fluchtweges muss der Bereich im Freien bzw. der gesicherte Bereich so gestaltet und bemessen sein, dass sich kein Rückstau bilden kann und alle über den Fluchtweg flüchtenden Personen ohne Gefahren, z. B. durch Verkehrswege oder öffentliche Straßen, aufgenommen werden können.

Vorschrift für Fluchtwege: Automatische Türen dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn

  • die Türen händisch leicht in Fluchtrichtung zu öffnen sind
  • sie bei Störung selbsttätig öffnen und geöffnet bleiben

Anforderungen an Treppen und Treppenräume bei Flucht- und Rettungswegen

Wie bereits erwähnt, spielen Treppen bei Flucht- und Rettungswegen eine zentrale Rolle. In baulichen Anlagen sind es vertikale Wege. Die Musterbauordnung (MBO) stellt in diesem Zusammenhang Anforderungen an die tragenden Teile und die Bodenbeläge notwendiger Treppen.

Die MBO teilt die Gebäude in die Klasse 1 bis 5 ein.

Überblick der Mindestanforderungen an Treppen nach den jeweiligen Gebäudeklassen

Anforderungen nach §34 MBOGK1GK2GK3GK4GK5
Treppen und tragende TeileOhneOhneNicht brennbar oder feuerhemmendNicht brennbarNicht brennbar oder feuerhemmend
Außentreppen, tragende TeileOhneOhneNicht brennbarNicht brennbarNicht brennbar

Die Anforderungen bei GK 3 bis 5 gelten auch für Innentreppen bei Maisonette-Wohnungen. Diese sind ohne eigene Treppenräume zulässig.

Anforderungen an Treppenräume

Vor dem Hintergrund von Flucht- und Rettungswegen müssen (notwendige) Treppenräume so angeordnet und ausgebildet sein, dass sie im Brandfall ausreichend genutzt werden können. Dies ist festgeschrieben in § 35 MBO (1).

Im Brandfall retten Flucht- und Rettungswege Leben © MP2 | Adobe Stock

Darüber hinaus bezeichnet der Begriff Treppenräume vertikal durchgehende Räume, in denen sich eine oder mehrere Treppen befinden können. Notwendige Treppenräume dienen dem Schutz einer notwendigen Treppe. Dagegen sind notwendige Treppen auch ohne einen Treppenraum zulässig.

Im Zusammenhang mit Flucht- und Rettungswegen und Treppenraum fällt im Bauordnungsrecht in der Arbeitsstättenregelung (ASR) der Begriff Nutzungseinheit. Dieser bezeichnet einen sicheren Ort im Brandfall. Die notwendigen Flure bilden die Verbindung zwischen der Nutzungseinheit und dem Treppenraum.

Die notwendigen Flure sind aus baulicher Sicht dann erforderlich, wenn ein Rettungsweg aus einem Raum oder einer Nutzungseinheit nicht direkt ins Freie oder in einen Treppenraum führt. In §36 MBO stehen weitere Anforderungen an die notwendigen Flure. Auf der Webseite der Bauministerkonferenz finden Sie die Musterbauordnung.

Sicherheitsbeleuchtung der Flucht- und Rettungswege

Laut ASR 2.3 müssen der erste und der zweite Fluchtweg mit einer Sicherheitsbeleuchtung ausgestattet sein. Sollte die Allgemeinbeleuchtung im Betrieb ausfallen, dient die Sicherheitsbeleuchtung dazu, Unfälle zu vermeiden und das gefahrlose Verlassen der Arbeitsstätte zu ermöglichen.

Eine beidseitige Kennzeichnung der Fluchtwege ist dann notwendig, wenn die Gefahr einer Verrauchung besteht und die Fluchtwege breiter als 3,60 Meter sind. Die optischen Sicherheitsleitsysteme (Sicherheitsbeleuchtung) müssen bodennah an der Wand angebracht werden. Die Oberkante darf nicht höher als 40 Zentimeter über dem Fußboden liegen. Rettungszeichen, die an der Wand montiert sind, sind kein Ersatz. Optische Sicherheitsleitsysteme erfolgen elektrisch und lang nachleuchtend. Dies bedeutet, dass die Systeme auch nach einer Anregung durch Licht ohne weitere Energiezufuhr nachleuchten.

Elektrisch betriebene Sicherheitsleitsysteme dagegen sind Sicherheitszeichen, die über eine Hintergrundbeleuchtung verfügen und im Abstand von maximal zehn Metern sowie bei jeder Richtungsänderung anzubringen sind. Im Gegensatz zu optischen Sicherheitsleitsystemen muss die elektrisch betriebene Variante mit einer Stromquelle ausgestattet sein, die selbsttätig einsetzt.

Bei den optischen und lang nachleuchtenden Sicherheitssystemen müssen die Fluchttüren beziehungsweise Notausgänge mit lang nachleuchtenden Materialien umrandet werden. Dies gilt ebenso für die Türklinke. Außerdem müssen Treppen, Treppenwangen, Handläufe sowie Rampen im Verlauf von Fluchtwegen deutlich erkennbar sein.

Die Beleuchtungsstärke auf Fluchtwegen muss mindestens 1 Lux betragen. 5 Sekunden nach dem Ausfall der Allgemeinbeleuchtung muss die Sicherheitsbeleuchtung die Stärke zur Hälfte erreicht haben. Innerhalb von 15 Sekunden muss die volle Lichtstärke bei der Sicherheitsbeleuchtung erreicht sein. Darüber hinaus muss sie mindestens 60 Minuten anhalten. In Arbeitsstätten mit erhöhter Unfallgefahr und bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung darf die Beleuchtungsstärke 15 Lux nicht unterschreiten. Beispiele hierfür sind Laboratorien, Arbeitsstätten in Kraftwerken und Arbeitsplätze auf Baustellen.

Weitere Anforderungen an Flucht- und Rettungswege

Wenn Betriebe Flucht- und Rettungswege einrichten, muss das Bauordnungsrecht des jeweiligen Bundeslandes genauestens beachtet werden. Zudem können sich weitere Anforderungen für Flucht- und Rettungswege sowie für Notausgänge aus den Arbeitsstättenregeln ergeben. Beispiel hierfür ist die Einrichtung eines zweiten Fluchtwegs.

Eine vorherige Gefährdungsbeurteilung ergibt die mögliche Einrichtung eines zweiten Fluchtwegs unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse am Arbeitsplatz und am Arbeitsort. Ein zweiter Fluchtweg ist beispielsweise bei erhöhter Brandgefährdung am Arbeitsplatz sowie bei Produktions- und Lagerräumen mit einer Fläche von 200 Quadratmetern notwendig. Darüber hinaus müssen Unternehmen für den zweiten Fluchtweg sorgen, wenn das Gebäude mehrgeschossig ist und eine Grundfläche von 1.600 Quadratmetern hat.

Fluchtwege und Notausgänge müssen zudem ständig freigehalten werden, damit sie jederzeit benutzbar sind.

Die Notwendigkeit von Flucht- und Rettungspläne in Betrieben

Es gibt keine einfache Regel, die vorschreibt, dass – etwa ab einer bestimmten Betriebsgröße – ein Flucht- und Rettungsplan erstellt und aushängt werden muss. Hier ist Eigenverantwortung gefragt und damit eine sorgfältige Gefährdungsbeurteilung.

Eine Orientierung bietet die Arbeitsstättenverordnung. Sie fordert in § 4 das Auslegen oder Aushängen von einem Flucht- und Rettungsplan,

wenn Lage, Ausdehnung und Art der Benutzung der Arbeitsstätte dies erfordern.

Die gleichen Kriterien Lage, Ausdehnung, Benutzung nennt auch die DGUV-Regel 100-00.

Wo und wann braucht man einen Flucht- und Rettungsplan?

Im Notfall müssen Mitarbeiter das Gebäude innerhalb kurzer Zeit verlassen und sich in Sicherheit bringen können. Aus diesem Grund sind nicht nur die funktionsfähigen Flucht- und Rettungswege, sondern auch der Aushang der Notfall- und Rettungspläne unerlässlich. In der Arbeitsstätte müssen diese Pläne so aufgehängt werden, dass sie für alle Mitarbeiter sichtbar sind. Diese Vorschrift ist zudem in der Arbeitsstättenregel ASR 2.3 Fluchtwege, Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan festgeschrieben.

Die Flucht- und Rettungspläne sind Pflicht für einen Betrieb, wenn:

  • die Fluchtwege über Zwischengeschosse oder über größere Räume führen oder verwinkelt ausgeführt sind – unübersichtliche Fluchtwegführung
  • die Betriebe in einem mehrgeschossigen Gebäude oder in einem Hochhaus untergebracht sind
  • es Arbeitsstätten mit hohem Publikumsverkehr sind - wie Besucher, Kunden, Publikum etc.
  • es Arbeitsbereiche mit erhöhtem Gefährdungspotenzial sind - wenn eine erhöhte Gefährdung besteht, z. B. durch Explosionsgefahr, oder wenn im Brandfall gefährliche Substanzen freigesetzt werden.
  • die befestigten Zufahrten oder Standplätze für Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge fehlen oder eine Rettung aufgrund der baulichen Situation des Gebäudes von außen erschwert oder gar unmöglich ist

DGUV-Regel 100-001: Wo werden Rettungspläne angebracht?

Diese Kriterien bleiben jedoch recht vage. Nützlicher sind einige Beispiele aus der DGUV-Regel 100-001. Demnach sind Flucht und Rettungspläne angebracht:

  • bei großer räumlicher Ausdehnung eines Betriebs
  • bei weitläufigen Produktionsstätten
  • in großen Bürogebäuden
  • in Gebäuden mit unübersichtlichen Gängen, Treppen und Verkehrswegen
  • in Unternehmen, die mit gefährlichen Stoffen umgehen, wie Raffinerien, Betriebe der chemischen Industrie und Laboratorien
  • in Schulen und Kindertageseinrichtungen
  • wenn sich regelmäßig eine große Anzahl von Personen, Betriebsfremde oder Personen mit eingeschränkter Mobilität im Betrieb aufhalten.

Der letztgenannte Punkt betrifft z. B. Hotels, Krankenhäuser und Pflegeheime. Denken Sie aber auch an externe Einrichtungen im Sozial und Gesundheitswesen, wie z. B. Behindertenwerkstätten, oder wenn Menschen mit geistigen Einschränkungen in separaten Wohneinheiten betreut werden.

Die genannten Beispiele sind keinesfalls als eine abschließende Aufzählung. Es gibt viele Einzelfälle, die nicht genau dieser Auflistung zugeordnet werden können, aber dennoch einen Flucht- und Rettungsplan rechtfertigen, so etwa:

  • wenn die Zufahrt von Feuerwehr oder Rettungswagen erschwert ist und sich z. B. aufgrund enger Zufahrten verzögern kann.
  • wenn eine Rettung von außen erschwert ist, weil an eine Fassade z. B. keine Leitern angelegt werden können.
  • wenn Flucht- und Rettungswege von den üblichen innerbetrieblichen Laufwegen abweichen.

Maßgeblich ist die Gefährdungsbeurteilung, in der die Aspekte der Fluchtwegführung, Gefährdung und Rettungsmöglichkeiten hinterlegt sind, kritisch zu betrachten. Auch bei Brandschutztüren gibt es Besonderheiten, die zu beachten sind.

Arbeitgeber müssen darauf achten, dass die Mitarbeiter auf den Inhalt der Flucht- und Rettungspläne hingewiesen werden. Die Pläne enthalten Verhaltensanweisungen für den Gefahrenfall. Die Flucht ins Freie soll mithilfe von ihnen ermöglicht werden.

Darüber hinaus sorgen die Flucht- und Rettungspläne für eine gute Übersicht über vorhandene Hilfsmittel, wie beispielsweise Feuerlöscher, Tragen oder Löschdecken. Die Gestaltung der Pläne ist dabei einheitlich und entspricht der DIN Norm 4844-3 Sicherheitskennzeichnung bzw. Sicherheitszeichen, Flucht- und Rettungspläne.

So erstellen Sie den Flucht- und Rettungsplan DIN 23601-konform

Die DIN ISO 23601 „Sicherheitskennzeichnung Flucht- und Rettungspläne“ ersetzt seit 2010 die DIN 4844-3 als Regelwerk für das Erstellen von Flucht- und Rettungsplänen. Sie definiert Details ihrer Gestaltung und enthält die neuen Sicherheitszeichen nach ISO 7010. Die neuen Brandschutzzeichen zeigen jetzt durchgehend eine stilisierte Flamme. Die gleichen Symbole wurden auch in die überarbeitete ASR A1.3 übernommen. Damit soll erreicht werden, dass Verbots-, Warn-, Gebots-, Rettungs- und Brandschutzzeichen (auch über Arbeitsstätten hinaus) einheitlich dargestellt werden.

Weitere Neuerungen, welche die DIN ISO 23601 mit sich brachte:

  • Horizontale und vertikale Fluchtwege werden farblich differenziert dargestellt: Flure erscheinen in Hellgrün, Treppenräume in einem dunkleren Grünton.
  • Der Standort des Betrachters ist in blauer Farbe anzuzeigen.
  • Grüne Richtungspfeile sind erlaubt. Sie sollen jeweils vom Standort des Betrachters (blauer Punkt) ausgehen.
  • Im Übersichtsplan sollen auch die Sammelstellen angezeigt werden.

Diese Informationen muss ein Flucht- und Rettungsplan enthalten

Dem Flucht- und Rettungsplan liegt normalerweise eine Grundrisszeichnung des Gebäudes bzw. Stockwerks zugrunde oder ein Grundstücksplan. In diese Zeichnung oder diesen Plan werden dann nach festen Regeln bestimmte Symbole und Informationen eingetragen. Darüber muss der Flucht- und Rettungsplan informieren:

  • den genauen Standort des Betrachters
  • Lage und Verlauf der Flucht- und Rettungswege
  • Standorte der Erste-Hilfe-Einrichtungen
  • Standorte der Einrichtungen zur Brandbekämpfung und zur Alarmierung
  • Standorte der Notfalleinrichtungen und Evakuierungshilfen
  • die Lage von sicheren Bereichen und Sammelstellen
  • Regeln für das Verhalten im Brandfall und bei Unfällen

Tipp: Arbeitshilfen zur Prüfung Ihrer Flucht- und Rettungspläne finden sie auf bwr-media.de.

Darüber hinaus sollten auf jedem Flucht- und Rettungsplan auch die Ersteller mit Namen und Datum angegeben sein sowie das Gebäude und Stockwerk. Die Pläne sind zu nummerieren.

Außerdem gilt:

  • Buchstaben müssen für eine gute Erkennbarkeit mindestens 2 mm, Sicherheitszeichen mindestens 7 mm hoch sein.
  • Flucht- und Rettungspläne sollten über eine Legende (Erklärung der Symbole und Farben) verfügen.
  • Flucht- und Rettungspläne sind stets farbig anzulegen. Lassen Sie auf keinen Fall Schwarz-Weiß-Kopien zu.
  • Der Hintergrund sollte stets weiß sein oder nachleuchtend weiß.
  • Als Mindestgröße gilt das A3-Format (29,7 cm x 42,0 cm).
  • Jeder Plan sollte mit „Flucht- und Rettungsplan“ überschrieben sein.
  • Innerhalb eines Gebäudes oder Betriebs sollten die Flucht- und Rettungspläne im Layout einheitlich sein.
  • Jeder Plan muss so angebracht werden, dass er beim Betrachten das Gebäude oder Grundstück lagerichtig zeigt.
  • Jeder Plan muss dauerhaft und sicher befestigt sein. Ein Aushang am Schwarzen Brett mit Reißnägeln genügt nicht.

Es ist inzwischen hierzulande inoffizieller Standard, dass die Verhaltensregeln im Brandfall mit einem roten und die Verhaltensregeln bei Unfällen mit einem grünen Rahmen versehen werden.
Es ist auch darauf zu achten, dass Flucht- und Rettungspläne an geeigneten Standorten angebracht sind, z. B. in der Nähe von Treppen, an den Hauptzugängen zu Stockwerken, an Abzweigungen, Gabelungen und anderen strategischen Stellen von Fluchtwegen sowie überall dort, wo sich viele Personen treffen wie Kantinen, Cafeterien usw. Das Befestigen in einer Höhe von 160 cm, gemessen vom Boden zur Mitte des Plans, hat sich bewährt.

Flucht- und Rettungspläne dienen Ihrem Betrieb nicht nur als Grundlage der vorgeschriebenen Räumungsübungen. Nutzen Sie Ihre Flucht- und Rettungswegpläne auch als Schulungs- und Unterweisungshilfe für Ihre Mitarbeiter.

Oft werden im Zuge von Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten auch kleinere Umbauten am Gebäude vorgenommen. Hier eine Tür verlegt, da eine Zwischenwand entfernt, dort eine neue Rampe angelegt usw. Sie dürfen in solchen Fällen nicht vergessen, auch die Flucht- und Rettungspläne des Gebäudes bzw. Stockwerks anzupassen.

Vorteil der bildlichen Darstellung eines Flucht- und Rettungsplans der Flucht- und Rettungswege

Betriebe sollten darüber hinaus besser auf die bildliche Darstellung als auf die schriftliche Unterweisung der Flucht- und Rettungswege zurückgreifen. Grund dafür ist, dass in Arbeitsstätten mit ausländischem Fachpersonal und nicht deutschsprachigen Besuchern ergänzende schriftliche Angaben in der jeweiligen Landessprache gemacht werden müssen. Bei der bildlichen Darstellung entfällt dies.

Die Flucht- und Rettungspläne müssen Informationen zu folgenden Punkten enthalten:

  • Verhalten im Brandfall
  • In jedem Fall Ruhe bewahren
  • Den Brand unverzüglich melden
  • Die Anweisungen des Arbeitgebers oder des Brandschutzbeauftragten beachten
  • Ins Freie und in Sicherheit bringen
Auch bei Nacht müssen Notfallausgänge gut sichtbar sein © happycreator | Adobe Stock

Fazit zu Flucht- und Rettungswege

Ziel von Flucht- und Rettungswegen ist die Rettung von Menschen und Tieren. Obwohl erhebliche Unterschiede zwischen Flucht- und Rettungswegen (Selbst- und Fremdrettung) bestehen, spricht das Bauordnungsrecht von Rettungswegen und meint damit die Wege zur Fremd- als auch zur Eigenrettung. In der Bauordnung stehen genaue Angaben zur Zahl sowie zur Ausbildung von Flucht- und Rettungswegen.

Unter anderem müssen für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum in jedem Geschoss zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Dies ist festgeschrieben in § 33 (1) MBO. Die Musterbauordnung (MBO) spielt bei der Anlegung von Flucht- und Rettungswegen eine zentrale Rolle. Darüber hinaus muss die jeweilige Bauordnung des Bundeslandes bei der Einrichtung der Wege befolgt werden. Ein Verstoß gegen die Vorschriften kann zum Teil hohe Bußgeldforderungen nach sich ziehen.

Wie die einzelnen Flucht- und Rettungswege angelegt sind, hängt von der baulichen Gegebenheit des Gebäudes ab. Fachfremde Betriebe sollten deshalb eine externe Beratung zur Seite ziehen, damit die Vorschriften eingehalten werden und alle regelkonform verläuft.

Zudem sind die Flucht- und Rettungswege im Arbeitsrecht beziehungsweise in den technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR 2.3) festgeschrieben. Hier sind Fluchtwege als Verkehrswege definiert, an die besondere Anforderungen zu stellen sind und die sowohl der Flucht als auch gleichzeitig der Rettung dienen. Laut ASR 2.3 führen Fluchtweg in einen gesicherten Bereich und ins Freie.

Betriebe sollten die Einrichtung von Flucht- und Rettungswegen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Schließlich geht es um den Schutz und die Sicherheit der Mitarbeiter. Und der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt mit den Beschäftigten.

Grundsätzlich gilt: Erst die Rettung von Menschenleben, dann folgt die Brandbekämpfung. Das heißt: Alarmieren > Retten > Löschen> (wenn möglich) Flüchten.

FAQ – Erfüllen Ihre Flucht – und Rettungswege alle gesetzlichen Vorgaben?

Wie lang darf die maximale Fluchtweglänge sein?

Ein Fluchtweg darf maximal 35 Meter lang sein – von jedem Punkt des Gebäudes muss in dieser Entfernung ein sicherer Ort im Freien oder ein gesicherter Fluchtwegbereich (Treppenhaus, Außentreppe etc.) erreicht werden.
Doch je nach Eigenschaften der Umgebung gibt es Sondervorschriften. So gilt z. B. auch, dass ein Fluchtweg in Bereichen mit hoher Brandgefährdung ohne selbstständige Feuerlöscheinrichtungen maximal sogar nur 25 m lang sein darf. In giftstoffgefährdeten Räumen sind bis zu 20 m und für explosivstoffgefährdete Räume maximal 10 m erlaubt.

Wie breit muss ein Fluchtweg sein?

Wie breit die Notausgänge und Fluchttüren sein müssen, hängt von der Zahl der gleichzeitig anwesenden Mitarbeiter in einzelnen Bereichen Ihres Betriebs ab. Die Mindestbreite beträgt 0,875 m. Abhängig von der Anzahl der Personen, die den Fluchtweg nutzen, erhöht sich die Mindestbreite bei 301–400 Personen auf bis zu 2,40 m. Dies müssen Sie individuell ermitteln. Hilfe dazu finden Sie in der ASR.
Übrigens ist auch die Höhe von Fluchtwegen auf mindestens 2 Meter vorgeschrieben.

Wo ist Sicherheitsbeleuchtung anzubringen?

In Treppenhäusern, auf Außentreppen und im Verlauf von Fluchtwegen ist eine geeignete Fluchtweg- und Orientierungsbeleuchtung erforderlich, welche sich bei Ausfall der Hauptbeleuchtungsanlage selbst automatisch einschaltet und den Betrieb für die Dauer von mindestens einer Stunde sicherstellt (z. B. durch Batterien).

Welche Kennzeichnungsvorschriften für Fluchtwege sind wichtig?

Fluchtwege und deren Richtung müssen Sie kennzeichnen. Einzelheiten dazu regeln die Kennzeichnungsverordnung (Hinweisschilder, Piktogramme, Rettungszeichenleuchten etc. unter Berücksichtigung der DIN EN ISO 7010), die ASR A2.3 und die ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“.
Bringen Sie die Fluchtwegkennzeichnungen an gut sichtbaren Stellen und innerhalb der Erkennungsweite an. ­Die grünen, im Dunkeln leuchtenden Schilder sind so über die Arbeitsstätte zu verteilen, dass eine leichte, zuverlässige Orientierung von möglichst jedem Punkt des Betriebs gegeben ­ist.­ Außerdem ­sollen die ­Fluchtwegkennzeichnungen an allen Kreuzungspunkten und Abzweigungen von Flucht- und Rettungswegen angebracht sein und den Richtungsverlauf sowie die jeweiligen Richtungsänderungen der Wege­ deutlich­ markieren. ­Eine Kennzeichnung, die den Fluchtweg nur von den Hauptgängen eindeutig kennzeichnet, ­wäre ­nicht ausreichend.

Müssen Fluchtwege freigehalten werden?

Unzulässiges Blockieren oder Verschließen von Türen im Verlauf des Fluchtwegs? Oder das teilweise oder vollständige Verstellen von Fluchtwegen durch Waren oder Gegenstände? Da verstehen die Ordnungshüter keinen Spaß, denn solche Verstöße gegen die Arbeitsstättenverordnung können im Notfall Menschenleben kosten. Deshalb ist der Fluchtweg jederzeit von sämtlichen Brandlasten freizuhalten und darf nicht versperrt werden. 
Doch es gibt weitere Aspekte, die Sie im Hinblick auf Ihre Fluchtwege prüfen sollten. Im Zusammenhang mit Fluchtwegen sieht der Bußgeldkatalog zur Arbeitsstättenverordnung folgende Regelsätze vor:
- 2.000 €, wenn Verkehrswege, Fluchtwege, Notausgänge nicht freigehalten werden.
- 2.000 € für fehlende oder unzureichende Sicherheitskennzeichnungen von Fluchtwegen und Notausgängen.
- 3.000 € für mangelhafte Fluchtwege und Notausgänge.

In welche Richtung muss sich die Fluchttür öffnen?

Auch für Fluchttüren gibt es Vorschriften in den ASR. Und zwar müssen die Türen in Fluchtrichtung jederzeit zu öffnen sein, dabei öffnen die Türen nach außen. Auch Sperreinrichtungen an Schrankenanlagen müssen schnell und sicher, ohne besondere zusätzliche Hilfsmittel in Fluchtrichtung zu öffnen sein.