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UN-Nummern: Pflicht beim Transport von Gefahrgut

  • 11.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 7 Min.

Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, wurden 2016 mehr als 146.000 Tonnen Gefahrgut auf deutschen Straßen und auf dem Seeweg, sowie mit der Eisenbahn mehr als 160.000 Tonnen Gefahrgut transportiert. Obwohl es derzeit keine aktuellen Zahlen der genannten Behörde gibt, ist davon auszugehen, dass die Anzahl solcher Transporte weiter zunehmen wird.

Um Gefahren und Risiken beim Transport sogenannter Gefahrenstoffe zu vermeiden, wurden verschiedene Vorschriften geschaffen. Diese geben vor, wie und unter welchen Voraussetzungen Gefahrenstoffe transportiert werden dürfen. Das in Europa geltende Basisregelwerk zum Transport von Gefahrenstoffen ist die sogenannte ADR-Vorschrift.

Das Basisregelwerk „ADR“

Im Basisregelwerk „ADR (Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße) sind alle wichtigen Vorschriften rund um die Verpackung, Klassifizierung, Dokumentation und Kennzeichnung gefährlicher Güter enthalten. Auch für das Fahrzeug, das für den Transport des jeweiligen Gefahrguts verwendet werden soll, sind im ADR genaue Vorgaben zu finden.

Das Übereinkommen teilt die einzelnen Gefahrstoffe in 9 verschiedene ADR-Klassen bzw. Gefahrengutklassen ein. Diese werden anhand der Gefährlichkeit unterschieden.

Die ADR-Klassen bezeichnen jedoch nicht nur Stoffe, sondern auch Gegenstände und Gemische, die entzündbar sind und von denen während des Transports eine Gefahr ausgehen kann. Das bekannteste Beispiel für Gefahrstoffe sind Säuren oder Sprengstoff.

Gefahrenguttransport: Die UN-Nummern

Beim Gefahrguttransport spielt nicht nur die jeweilige Gefahrgutklasse eine wichtige Rolle, sondern auch die vierstellige UN-Nummer. Sie ist wichtig, da sie im Ernstfall den Feuerwehren die notwendigen Informationen zum Gefährlichkeitspotential der Stoffe liefert. Nur wenn die mögliche Gefahr bekannt ist, können die richtigen Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet werden.

So ist die UN-Nummer aufgebaut

UN-Nummer: Die erste Ziffer

Die erste Ziffer hilft bei der Beurteilung der Hauptgefahr, die von dem jeweiligen Stoff ausgeht. Sie gibt auch dessen Gefahrenstoffklasse an.

UN-Nummern: die Ziffern an zweiter und dritter Stelle

  • 0: Keine weitere Gefahr
  • 1: Explosionsgefahr
  • 2: Entweichen von Gas durch Druck oder chemische Reaktion
  • 3: Entzündbarkeit flüssiger Stoffe (Dämpfe) und Gase oder selbsterhitzungsfähiger flüssiger Stoff
  • 4: Entzündbarkeit fester Stoffe oder selbsterhitzender fester Stoff
  • 5: Oxidierende Wirkung (brandfördernd)
  • 6: Giftig oder hohe Ansteckungsgefahr
  • 7: Radioaktivität
  • 8: Ätzwirkung
  • 9: Gefahr einer spontanen Reaktion nicht ausgeschlossen
UN-Nummer
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  • 22: tiefgekühltes Gas
  • 33: leicht entzündbarer, flüssiger Stoff mit einem Flammpunkt von unter 23 Grad Celsius
  • X333: selbstentzündlicher (pyrophorer) flüssiger Stoff, der gefährlich mit Wasser reagiert
  • 44: Entzündbarer fester Stoff: Bei erhöhter Temperatur befindet er sich im geschmolzenen Zustand.
  • X423: Entzündbarer fester Stoff. Reagiert gefährlich mit Wasser, wobei sich brenn- und entzündbare Gase bilden können.
  • 55: Stark oxidierender Stoff.
  • 539: Entzündbares, organisches Peroxid
  • 66: hochgiftiger Stoff
  • 88: Stark ätzender Stoff
  • 90: Umweltgefährdender Stoff sowie verschiedene gefährliche Stoffe
  • 99: Verschiedene gefährliche Stoffe in erwärmten Zustand.

Beispiele für häufige UN-Nummern

  • 1202: Heizöl/Diesel
  • 1203: Benzin
  • 1428: Natrium
  • 1547: Anilin
  • 2257: Kalium
  • 1972: Methan flüssig
  • 1662: Nitrobenzol
  • 1790: reine Flusssäure
  • 1977: Stickstoff
  • 1090: Aceton
  • 1951: Argon flüssig

UN-Nummern von Sprengstoff

Die zahlreichen UN-Nummern sind Zahlencodes für unterschiedliche Gefahrstoffe der Gefahrgutklassen. Wichtig sind hier etwa die Nummernkombination verschiedener Sprengstoff-Typen.

UN-NummerSprengstoff-Typ
0081Typ A
0082Typ B
0083Typ C
0084Typ D
0031Typ B
0332Typ E

Einführung neuer UN-Nummern: Die Änderungen

In einem zweijährigen Intervall wird das ADR-Übereinkommen überprüft und ergänzt. Seit 1. Januar 2019 ist das ADR 2019 in Kraft. Es brachte zahlreiche verpflichtende Änderungen mit sich.

Zwölf neue UN-Nummern

So wurden in die ADR 2019 zwölf neue UN-Nummern aufgenommen (UN-Nummern 3537-3548). Diese Nummern knüpfen an verschiedensten Gefahrstoffe in Geräten und Maschinen an. Damit sind Maschinen, Geräte und andere Einrichtungen gemeint, die gefährliche Güter oder Rückstände davon enthalten. Die gefährlichen Güter müssen fester Bestandteil des Gegenstandes und für die Funktion dessen notwendig sein. Darüber hinaus dürfen sie nicht für die Beförderungszwecke entfernbar sein

Freistellung für UN-Nummer 3363

Die aktuellen ADR-Vorschriften enthalten auch Neuerungen bezüglich der Freistellung für die UN-Nummer 3363. Die Nummer für „gefährliche Güter in Maschinen und/oder Geräten“ ist nur noch dann möglich, solange die gefährlichen Stoffe unterhalb der festgelegten Mengengrenzen liegen. Diese finden sich in den Vorschriften in Tabelle A Spalte (7a).

UN-Nummer 2381

Die die nächste Neuregelung des ADR betreffen die UN-Nummer 2381. Die bisherige Übergangsvorschrift wurde vom Gesetzgeber entfernt. Unter dem Punkt 1.6.3.42 hieß es, dass die in Tabelle A des Kapitels 3.2 genannte Tankcodierung für vor 2013 gebaute festverbundene Tanks und Aufsetztanks für Gefahrgut mit der genannten UN-Nummer verwendet werden darf. Laut ADR 2019 ist dies nun nicht mehr möglich.

Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten

Die neuen Vorschriften des ADR betreffen auch den Gefahrgutbeauftragten. Bislang mussten Unternehmen, die lediglich als Absender von gefährlichen Gütern beteiligt sind, über keinen eigenen Gefahrgutbeauftragten verfügen oder extern in die Firma holen. Mit dem ADR 2019 hat sich das geändert. Auch der Absender von Gefahrgut muss intern einen Gefahrgutbeauftragten benennen. Verpflichtend wird die Bestellung jedoch erst ab 1. Januar 2023. Festgeschrieben ist dies in der Übergangsvorschrift 1.6.1.44 im ADR 2019.

Gefahrguttransport oder nicht?

Vor der Beförderung von Gefahrstoffen muss geprüft werden, ob diese den sogenannten Gefahrgutvorschriften unterliegen. Ist das der Fall, werden Gefahrstoffe zu einem sogenannten gefährlichen Gut – Stichwort: Gefahrenguttransport. Darum ist eine systematische Vorgehensweise bei der Klassifizierung gefährlicher Güter das A und O.

Die Klassifizierung der Gefahrstoffe

Die Zuordnung eines gefährlichen Gutes zu einer Klasse bezeichnet man als Klassifizierung. Auf der Grundlage des Aggregatzustandes (fest, flüssig, gasförmig) und der Eigenschaften des Stoffes ist eine Unterscheidung gemäß den nachstehenden 13 Gefahrklassen möglich:

  • Klasse 1: Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff
  • Klasse 2: Gase
  • Klasse 3: Entzündbare flüssige Stoffe
  • Klasse 4.1: Entzündbare feste Stoffe, selbstzersetzliche Stoffe, polymerisierende Stoffe und desensibiliserte explosive feste Stoffe
  • Klasse 4.2: Selbstentzündliche Stoffe
  • Klasse 4.3: Stoffe, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln
  • Klasse 5.1: Entzündend (oxidierend) wirkende Stoffe
  • Klasse 5.2: Organische Peroxide
  • Klasse 6.1: Giftige Stoffe
  • Klasse 6.2: Ansteckungsgefährliche Stoffe
  • Klasse 7: Radioaktive Stoffe
  • Klasse 8: Ätzende Stoffe
  • Klasse 9: Verschiedene gefährliche Stoffe und Gegenstände

Die UN-Nummer als Teil der Klassifizierung

Neben dem Zuweisen der Gefahrklasse müssen noch folgende Angaben bei der Klassifizierung ermittelt werden:

  • UN-Nummer (4-stellig, z. B. UN 1170)
  • Benennung (z. B. Ethanol)
  • Nummern der anzubringenden Gefahrzettel (z. B. 3)
  • ggf. Verpackungsgruppe

Die Verpackungsgruppen haben folgende Bedeutung:

  • I: Stoffe mit hoher Gefahr
  • II: Stoffe mit mittlerer Gefahr
  • III: Stoffe mit geringer Gefahr

Stoffen der Klassen 1, 2, 5.2, 6.2, 7 sowie 4.1 (entzündbare feste Stoffe ausgenommen) werden keine Verpackungsgruppen zugeordnet.

Tipp: Das „Alphabetische Verzeichnis der Stoffe und Gegenstände des ADR“ ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Durchführung der Klassifizierung. Dort gibt es für genau definierte Stoffe und Gegenstände Einzeleintragungen, die alle notwendigen Informationen liefern. In Tabelle B der Gefahrgutliste wird die Bezeichnung des Gutes durch die UN-Nummer ergänzt.

Man sollte außerdem wissen, dass alle Stoffe in der Tabelle A „Verzeichnis der gefährlichen Güter“ anhand ihrer UN-Nummer sortiert sind. Hat man das System begriffen, findet man die benötigten Informationen, wie z. B. Verpackungs- und Beförderungsvorschriften, die Benennung, die anzubringenden Zettel, Klasse und Verpackungsgruppen relativ schnell.

So werden Lösungen/ Gemische klassifiziert

Eine Lösung oder ein Gemisch, die/das nur einen einzigen in der Stoffliste namentlich genannten überwiegend gefährlichen Stoff und einen oder mehrere nicht dem ADR unterliegende Stoffe oder Spuren eines oder mehrerer in der Stoffliste namentlich genannter gefährlicher Stoffe enthält, ist der UN-Nummer und der offiziellen Benennung für die Beförderung des in der Stoffliste genannten überwiegenden Stoffes zuzuordnen.

Sonderfälle:

  1. Die Lösung oder das Gemisch ist in der Stoffliste namentlich genannt (z. B. UN 1289 NATRIUMMETHYLAT, LÖSUNG in Alkohol).
  2. Aus der Benennung und der Beschreibung des in der Stoffliste genannten Stoffes geht hervor, dass die Eintragung nur für den reinen Stoff gilt (z. B. UN 1148 DIACETONALKOHOL).
  3. Die Klasse, der Klassifizierungscode, die Verpackungsgruppe oder der Aggregatzustand der Lösung oder des Gemisches unterscheidet sich von denen des gefährlichen Stoffes.
  4. Die Gefahrenmerkmale und -eigenschaften der Lösung oder des Gemischs machen Notfallmaßnahmen erforderlich, die sich von denen des in der Stoffliste genannten Stoffes unterscheiden.

Bei den in den Nummern 2 bis 4 beschriebenen Fällen ist die Lösung oder das Gemisch wie ein nicht namentlich genannter Stoff einer Sammeleintragung der zutreffenden Klasse zuzuordnen, es sei denn, die Lösung oder das Gemisch entspricht den Kriterien keiner Klasse und unterliegt deshalb nicht dem ADR.

Was sind Sammeleintragungen?

Sammeleintragungen umfassen eine definierte Gruppe von Stoffen oder Gegenständen. Das können Gattungseintragungen wie z. B. „UN 1133 KLEBSTOFFE“ sein. Ist keine treffende Gattungseintragung verfügbar, werden die Stoffe oder Gemische anhand ihrer chemischen oder technischen Beschaffenheit einer Eintragung „nicht anderweitig genannten“ (n.a.g.) Stoffen oder Gegenständen wie z. B. „UN 1993 ENTZÜNDBARER FLÜSSIGER STOFF“ zugeordnet. Das genaue Vorgehen ist in dem Fließbild auf folgender Seite dargestellt.

Wann muss sich bei einer Gefahrengutklassifizierung mit den Behörden in Verbindung gesetzt werden?

Die Zuordnung bestimmter Güter in Gefahrklassen muss in besonderen Fällen die zuständige Behörde vornehmen. Gemäß Gefahrgutverordnung Straße, Schiene Eisenbahn (GGVSEB) ist in Deutschland die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zuständig.

Klasse 1: Explosive Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff, die in der Gefahrgutliste nicht namentlich genannt sind, dürfen nur durch die BAM zu einer n.a.g.-Eintragung oder der UN-Nummer 0190 EXPLOSIVSTOFF, MUSTER, zugeordnet werden.

Klasse 4.1: Die Klassifizierung selbstzersetzlicher Stoffe, die nicht

  • im Verzeichnis der bereits zugeordneten selbstzersetzlichen Stoffe in Verpackungen
  • in den Anweisungen für die Verwendung von Großpackmitteln (IBC 520) oder
  • in den Anweisungen für ortsbewegliche Tanks T 23 aufgeführt sind, sowie ihre Zuordnung zu einer Sammeleintragung sind von der BAM auf der Grundlage eines Prüfberichts vorzunehmen.

Klasse 5.2: Die Klassifizierung organischer Peroxide, die nicht

  • im Verzeichnis der bereits zugeordneten organischen Peroxide in Verpackungen
  • in den Anweisungen für die Verwendung von Großpackmitteln (IBC 520) oder
  • in den Anweisungen für ortsbewegliche Tanks T 23 aufgeführt sind, sowie ihre Zuordnung zu einer Sammeleintragung sind von der BAM auf der Grundlage eines Prüfberichts vorzunehmen.

Autor: Redaktion SafetyXperts