Navigation

DIN EN ISO 14001
Foto: © leolintang - Shutterstock

Lebenswegbetrachtung nach ISO 14001: Tipps und Neuerungen

  • 11.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 4 Min.

Mit der Revision der ISO 14001 wurden einige Änderungen und Neuerungen vorgenommen. Die Betrachtung des Lebenswegs von Produkten und Dienstleistungen ist ein Ansatz, der zu den Neuerungen gehört, die in dieser Deutlichkeit vorher nicht von den Unternehmen verlangt wurden. Mit dieser Lebenswegperspektive (Life Cycle Perspective) soll erreicht werden, dass Unternehmen über die eigenen Betriebsgrenzen hinaus auf die ganze Wertschöpfungskette und auf den Lebenszyklus ihrer Produkte und Dienstleistungen schauen.

DIN EN ISO 14001: So funktioniert die Lebenswegsbetrachtung von Produkten

Die DIN EN ISO 14001 versteht unter dem Begriff Lebensweg „aufeinander folgende und miteinander verknüpfte Phasen eines Produktsystems (oder Dienstleistungssystems), von der Rohstoffgewinnung oder Rohstofferzeugung bis zur endgültigen Beseitigung“. Konkret bedeutet das, dass es bei der Betrachtung des Lebensweges auch um Prozesse geht, die außerhalb Ihres eigenen Unternehmens stattfinden und die oft weder für Sie transparent noch wirklich zu beeinflussen sind.

Betrachten Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen strategisch

Die Lebenswegperspektive wird dabei als strategischer Managementansatz verstanden, der zum langfristigen Unternehmenserfolg beitragen soll. Denn in den letzten Jahren haben sich die Anforderungen und Erwartungen an Unternehmen deutlich verstärkt, ja sogar verschoben. Nicht nur das, was im eigenen Betrieb an Umweltauswirkungen verursacht wird, steht im Fokus, sondern auch das, was in vorgelagerten Herstellungsprozessen, im Gebrauch des Produktes und schließlich bei der Entsorgung an Umweltauswirkungen eintritt.

Dieser Ansatz klingt nicht nur nach einer sehr weitreichenden Betrachtung, er verlangt diese auch wirklich. Der Anhang der DIN EN ISO 14001:2015 macht es deutlich: Das Unternehmen muss bei der Bestimmung der Umweltaspekte auch jene außerhalb des Betriebes liegenden Themen betrachten, die durch das eigene Produkt oder die erbrachte Dienstleistung mitverursacht werden. Das heißt aber nicht, dass vom Unternehmen Unmögliches verlangt wird. Die Grenze der Betrachtung der Umweltaspekte ist da gesetzt, wo das Unternehmen diese Umweltaspekte nicht mehr steuern oder zumindest beeinflussen kann.

Lebenswegbetrachtung von Produkten und Dienstleistungen – schon bei der Planung betrieblicher Prozesse bedenken

Im Kapitel „Betriebliche Planung und Steuerung“ wird die ISO 14001 nach der Revision konkret und beschreibt, was das für das Unternehmen bedeutet:

Die Organisation muss „angemessene Steuerungsmaßnahmen aufbauen, um sicherzustellen, dass ihre Umweltanforderungen beim Entwicklungsprozess für das Produkt oder die Dienstleistung unter Berücksichtigung jedes Lebenswegabschnitts betrachtet werden“: Sie können das durch dokumentierte Vorschriften für Regelabläufe, Arbeitsgruppen oder auch durch eine externe Unterstützung und Überprüfung erreichen.

DIN EN ISO 14001

Außerdem muss das Unternehmen die Umweltanforderungen für die Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen festlegen und diese an externe Geschäftspartner entsprechend kommunizieren.

Schließlich wird noch verlangt, dass das Unternehmen sicherstellt, dass „Informationen über mögliche bedeutende Umweltauswirkungen im Zusammenhang mit dem Transport oder der Lieferung, Nutzung, Behandlung am Ende des Lebenswegs und endgültige Beseitigung der Produkte und Dienstleistungen“ bereitgestellt werden können.

Für die Unternehmen bedeutet das eine ganze Reihe von notwendigen Aktivitäten

Am Beispiel der Produktion von elektronischen Geräten wird deutlich, was die Neuregelungen der revidierten DIN EN ISO 14001 bedeuten. Bei elektronischen Geräten wird beispielsweise häufig Tantal eingesetzt, ein Material, das aus Coltan-Erz gewonnen wird.

Bei der Gewinnung von Tantal wird sehr viel Wasser verbraucht, Böden und Grundwasser werden mit Schwermetallen und Chemikalien verseucht und die Lebensbedingungen der Bevölkerung in den Abbauregionen nachhaltig zerstört oder zumindest schwer beeinträchtigt. Zudem kommt Tantal häufig aus Krisenregionen, in denen die Erlöse aus dem Abbau des Materials zur Finanzierung von kriegerischen Handlungen genutzt werden.

Umweltbeeinträchtigungen reduzieren

Ein so betroffenes Unternehmen muss also zunächst diese Umweltauswirkungen ebenfalls mit in den Fokus nehmen und bewerten. Es muss prüfen, ob nicht weniger kritische Stoffe durch ein geändertes
Produktdesign eingesetzt werden können. Wenn das nicht möglich ist, müssen, sofern möglich, konkrete Anforderungen an die Lieferanten gestellt werden, wie Umweltbeeinträchtigungen möglichst reduziert werden können. Eventuell müssen auch Hinweise für den Gebrauch und die Entsorgung des Produktes gegeben werden.

Empfehlung: Eine der wichtigsten Neuerungen der DIN EN ISO 14001:2015 ist die Lebenswegbetrachtung Ihrer Produkte und Dienstleistungen: Zukünftig müssen Sie die positiven und negativen Umwelteinflüsse Ihrer Aktivitäten, Produkte und Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus berücksichtigen. Dies fordert zwar keine explizite Ökobilanzierung von Produkten und Prozessen. Sie sollten jedoch zumindest die bedeutenden Umweltaspekte und zusätzlich auch weiterführende Verpflichtungen (z. B. rechtliche Aspekte oder Kundenanforderungen und -wünsche) sowie damit verbundene Risiken beurteilen.

So behalten Sie die Lieferkette im Blick

Denken Sie aber neben der reinen Informationsbeschaffung über Ihre Lieferkette mit den Vorlieferanten und kritischen Beschaffungsbedingungen auch daran, was Ihr Unternehmen selbst durch ein umweltgerechtes Produktdesign, das den ganzen Lebensweg im Blick hat, tun kann. Wir geben Ihnen im Folgenden die wichtigsten Tipps dafür.

Tipps für ein umweltgerechtes und lebenswegorientiertes Produktdesign

Materialeffizientes Design: Versuchen Sie, den Materialeinsatz zu optimieren: Wo lassen sich Werkstoffe substituieren? Auf welche Funktionen kann man verzichten, um so Material zu sparen?

Materialgerechtes Design: Nutzen Sie möglichst regenerierbare statt nichtregenerierbaren Ressourcen. Verwenden Sie möglichst regional verfügbare Materialien und Sekundärrohstoffe.

Energieeffizientes Design: Versuchen Sie, den Energieverbrauch in allen Phasen des Produktlebenszyklus zu reduzieren. Prüfen Sie, ob der Einsatz regenerativer Energieträger möglich ist.

Schadstoffarmes Design: Bevorzugen Sie Roh- und Hilfsstoffe mit geringem Schadstoffanteil.

Langlebiges Design: Verzichten Sie auf Wegwerf- oder Einmalprodukte. Setzen Sie hochwertige, beständige und ggf. reparaturfähige Materialien ein. Entwickeln Sie ein modulares Design, das Erweiterungen und den Austausch von Bestandteilen ermöglicht. Entscheiden Sie sich für ein zeitbeständiges Design. Setzen Sie einen hohen Bedienungskomfort als Ziel Ihrer Produktentwicklung.

Recyclinggerechtes Design: Denken Sie von Beginn an schon an ein demontagefreundliches Design!
Kennzeichnen Sie Werkstoffe und Bauteile. Wählen Sie möglichst Materialien aus, die sich am Ende des Produktlebens auch wiederverwenden oder zumindest recyceln lassen. Vermeiden Sie möglichst Verbundwerkstoffe und eine zu große Materialvielfalt in Ihrem Produkt.

Entsorgungsgerechtes Design: Vermeiden Sie Materialien, deren Entsorgung mit umweltbelastenden Emissionen verbunden ist. Achten Sie auch auf die Kennzeichnung und leichte Trennbarkeit Ihres Produkts.

Logistikgerechtes Design: Prüfen Sie, ob Sie das Produktvolumen und -gewicht reduzieren können, genauso das Verpackungsvolumen und -gewicht.

Autoren: Stefan Küst & Christian Schweizer