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Entzündbare flüssige Stoffe
Foto: © Bjoern Wylezich - Shutterstock

Entzündbare flüssige Stoffe: ADR-Klasse 3 und ihre Eigenschaften

  • 14.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 7 Min.

Der folgende Beitrag thematisiert die ADR-Klasse 3. Die entzündbaren flüssigen Stoffe haben besondere Eigenschaften, die zu beachten sind.

Benzin und Alkohol sind flüssige Stoffe, mit denen wir im Alltag stets zu tun haben. In Bezug auf Gefahrstoffe gehören sie zur ADR- beziehungsweise Gefahrgutklasse 3. Diese Klasse der insgesamt neun ADR-Klassen umfasst die entzündbaren flüssigen Stoffe.

Im folgenden Beitrag sollen diese und ihre Eigenschaften näher behandelt werden. Ein Schwerpunkt ist unter anderem der Dampfdruck, der bei dieser Klasse eine wichtige Rolle spielt. Darüber hinaus werden im Text Hinweise zur Beförderung gegeben sowie Vorschläge zu Hilfsmaßnahmen genannt, die man im Fall eines Unfalls mit den Stoffen treffen kann.

Definition von entzündbaren flüssigen Stoffen

Zur Gefahrgutklasse werden Stoffe und Gegenstände gezählt, die bei 20 Grad Celsius und einem Druck von 1.013 mbar flüssig sind und bei 50 Grad Celsius maximal 3 bar Dampfdruck haben.  Darüber hinaus sind sie bei 20 Grad Celsius und 1.013 mbar nicht vollständig gasförmig und haben einen Flammpunkt von höchstens 60 Grad Celsius.

Was ist der Flammpunkt?

Als Flammpunkt wird in diesem Zusammenhang die niedrigste Temperatur einer brennbaren Flüssigkeit verstanden, bei der sich ausreichend Dämpfe entwickeln, so dass eine Entzündung des Dampf-Luft-Gemisches  möglich ist. In der Regel endet der Verbrennungsvorgang bereits nach kurzer Zeit wieder. Grund dafür: Bei einer solch niedrigen Temperatur entstehen noch nicht genug brennbare Dämpfe, um die Verbrennung aufrecht zu erhalten. Üblich ist es, Temperaturen für den Flammpunkt, bei einem Luftdruck von 1.013 mbar anzugeben.

Hoher und niedriger Dampfdruck

Eine der wichtigsten Eigenschaften von Flüssigkeiten ist der Dampfdruck. Dieser ist verantwortlich für die Verdunstung. Im Kontext von entzündbaren flüssigen Stoffen und Gegenständen wird zwischen hohem und niedrigem Dampfdruck unterschieden. Die Gefahrgutklasse zeichnet sich dadurch besonders aus.

Hoher Dampfdruck

Je höher die Temperaturen der Außenluft sind, umso höher ist der Dampfdruck bei Stoffen der ADR-Klasse 3. Dadurch wird zusätzlich der Verdunstungsprozess beschleunigt. Vergleichbar ist es mit frischgewaschener Wäsche, die im Sommer draußen aufgehängt wird. Diese hat einen hohen Dampfdruck und es dauert in der Regel nur eine bis zwei Stunden, bis sie vollständig getrocknet ist.

Niedriger Dampfdruck

Anders sieht es beim niedrigen Dampfdruck aus. Je kälter die Außentemperaturen sind, umso niedriger ist der Dampfdruck. Wenn die Wäsche bei minus 20 Grad Celsius draußen aufgehangen wird, gefriert sie in sehr schneller Zeit und wird hart. Allerdings hat auch das Eis einen Dampfdruck und wird aus diesem Grund verdunsten. Bei den genannten Temperaturen dauert es in der Regel drei bis vier Tage, bis die Wäsche vollständig getrocknet ist.

Bezogen auf die entzündbaren flüssigen Stoffe bedeutet dies: Der Verdunstungsprozess wird durch den niedrigen Dampfdruck verlangsamt.

Achtung: Im Zusammenhang mit der Gefahrgutklasse 3 muss der natürliche Dampfdruck genannt werden. Bei Stoffen, wie Benzin oder Alkohol ist dieser Dampfdruck zusätzlich neben dem hohen Dampfdruck vorhanden. Wenn letzterer über längere Zeit geöffnet steht, isst er im ganzen Raum riechbar. Das Gleiche gilt für Benzin. Es ist leicht flüchtig und der Geruch verbreitet sich schnell.

Weitere wichtige Eigenschaft von entzündbaren Flüssigkeiten

Im Umgang mit Benzin oder Alkohol kommt es in geschlossenen Räumen oder im Freien immer wieder zu schlimmen Unfällen. Nachfolgend soll der Grund dafür näher erläutert werden.

Das beste Beispiel und das bekannteste Beispiel in diesem Zusammenhang sind Unfälle, die beim Grillen passieren. Wird Benzin statt sichere Grillanzünder für die Beschleunigung des Grills verwendet, entsteht ein hoch entzündbares Luft-Gas-Gemisch. Personen, die dann Streichhölzer oder Feuerzeuge zum Anzünden benutzten, befinden sich innerhalb dieses Gemisches. Noch während der Vorgangs des Anzündens stattfindet, entsteht ein großer Feuerball, in dem die betroffenen Personen mittendrin stehen. In geschlossenen Räumen kann dies zu einer Explosion führen.

Achtung: In geschlossenen Räumen sollte auf einen Elektrogrill zurückgegriffen und offenes Feuer vermieden werden.

Zum Vergleich: Im Gegensatz zu Benzin hat Heizöl einen niedrigen Dampfdruck. Hier entstehen nicht genug Gase, die sich in Verbindung mit Luft zu einem entzündbaren Gemisch entwickeln können. Beim Anzünden eines Streichholzes entsteht kein Feuerball. Wenn es brennend in eine Heizölpfütze fällt, geht es aus.

Weiteres Detail zu Eigenschaften der Gefahrgutklasse 3

Wenn die Stoffe und Gemische der Gefahrgutklasse 3 in den Gaszustand übergehen, nehmen sie sämtliche Gefahreigenschaften, die sie besitzen, in diesen Zustand mit. Ätzende oder giftige Eigenschaften bleiben auch in dem Gaszustand bestehen. Vielmehr breiten diese Eigenschaften sich in der Luft weiter aus.

Klassifizierungscode bei ADR-Klasse 3

Im Zusammenhang mit der Gefahrgutklasse 3 müssen die Klassifizierungscodes genannt werden. Diese müssen zusätzlich in der Kennzeichnung sichtbar sein. Der Code charakterisiert die von einem Stoff oder Gegenstand ausgehenden gefährlichen Eigenschaften. Beispiele hierfür sind T für giftig sowie F für entzündbar. Darüber hinaus ist es möglich, dass diese Eigenschaften in Kombination auftreten.

Tabelle mit den Klassifizierungscodes für die Gefahrgutklasse 3

KlassifizierungscodeBeschreibung
DDesensibilisierte explosive flüssige Stoffe
FCEntzündbare flüssige Stoffe, ätzend
FTCEntzündbare flüssige Stoffe, giftig, ätzend
FT1Entzündbare flüssige Stoffe, giftig
FT2Entzündbare flüssige Stoffe, giftig – Einsatzgebiet in der Schädlingsbekämpfung
F1Entzündbare flüssige Stoffe ohne Nebengefahr und mit einem Flammpunkt von höchstens 60 Grad Celsius
F2Entzündbare flüssige Stoffe ohne Nebengefahr; Flammpunkt liegt bei über 60 Grad Celsius; Stoffe und Gegenstände werden auf oder über dem Flammpunkt erwärmt zur Beförderung aufgegeben oder befördert
F3Gegenstände, die entzündbare flüssige Stoffe enthalten
F4Stoffe mit einem Flammpunkt über 60 Grad Celsius; werden in einem Grenzbereich von 15 K unterhalb des Flammpunktes erwärmt und zur Beförderung aufgegeben oder befördert
F5Stoffe mit einer Zündtemperatur von weniger als 200 Grad Celsius

Verpackungsgruppe bei Gefahrgutklasse 3

Im Kontext der Gefahrgutklasse 3 muss darüber hinaus die Verpackungsgruppe erwähnt werden. Mit dieser werden die Stoffe und Gegenstände aus transportrechtlicher Sicht als Gefahrgüter deklariert.

Insgesamt gibt es drei Verpackungsgruppen, die mit VG abgekürzt werden.

  • VG I: Hier werden Stoffe zusammengefasst, von denen eine hohe Gefahr ausgeht.
  • VG II: Die Bezeichnung für Stoffe mit mittlerer Gefahr.
  • VG III: Stoffe mit geringer Gefahr.

Zudem werden mit der Verpackungsgruppe bestimmte Anforderungen an die Verpackung für Gefahrgüter definiert. So können sie X-kodiert, Y-kodiert und Z-kodiert sein.

Gefahrzettel für Gefahrguttransport

Die Gefahrgutverordnung für die Straße und Eisenbahn (GGVSEB) gibt ganz konkrete Angaben zur Kennzeichnung von Gefahrgütern. Das Kapitel 5.2 geht detailliert darauf ein. In diesem Abschnitt der Verordnung werden neben allgemeinen auch die besonderen, zusätzlichen Vorschriften für bestimmte Stoffe angegeben.

Bei den Gefahrzetteln für den Gefahrguttransport kommt es vor allem auf die Farbe, die Form und das Symbol an. Diese müssen den dort dargestellten Gefahrzettelmustern in Absatz 5.2.2.2.2 entsprechen.

Die Gefahrzettel sind in zwei Hälften unterteilt. Die obere Hälfte des Zettels ist ausschließlich für das Symbol und die untere Hälfte für Text und Nummer der Klasse und gegebenenfalls für den Buchstaben der Verträglichkeitsgruppe reserviert. Ausnahmen bilden die Unterklassen 1.4, 1.5 und 1.6.

Der Gefahrzettel der Gefahrgutklasse 3 ist in der oberen Hälfte mit dem Flammensymbol versehen und in der unteren Hälfte mit der Zahl 3.

Die Gefahrzettel gibt es als Aufkleber in diversen Online-Gefahrgutshops. Darüber hinaus müssen die Zettel gut sichtbar an den Gefahrgütern angebracht werden.

Gefahrgutetiketten: Gefahren leichter erkennen

Zunächst: Es kann zu Verwirrung bei den Begriffen Gefahrgutzettel und Gefahrgutetiketten kommen. Gefährliche Transportgüter werden nach Art ihrer Gefährdung unterteilt und dementsprechend mit Nummern versehen. Diese finden sich auf den Gefahrgutetiketten wieder. Mit den Gefahrgutetiketten wird sichergestellt, dass die Gefahren jeder Substanz leicht erkennbar sind. Die Gefahrgutetiketten helfen den Rettungskräften bei einem Unfall dabei, gezielt zu handeln.

In der farblichen Kennzeichnung von Gefahrgutetiketten wird unterschieden zwischen orangefarbenen Gefahrgutzeichen für explosive Stoffe, gelbe Warntafeln für entflammbare Stoffe und weißen Gefahrgutschildern für giftige und ansteckende Substanzen.

Gefahrgutzettel als selbstklebender Aufkleber

Die Gefahrgutzettel zur Kennzeichnung von Gefahrgut gibt es als Aufkleber in den zahlreichen Online-Gefahrgutshops. Die selbstklebenden Gefahrzettel sind sowohl für den Innen- als auch Außenbereich geeignet. Die selbstklebenden Gefahrgutzettel werden in der Regel als licht- und wasserdichte PE-Folie angeboten sowie als Rolle mit 500 Stück. Darüber hinaus ist auf dem selbstklebenden Gefahrzettel die UN-Nummer angegeben. Die Größe der Nummer entspricht den Bestimmungen des ADR und muss mindestens 12 Millimeter betragen.

Besonderheit Großzettel

Gefahrguttransporte können zudem mit Großzetteln versehen werden. Diese haben eine Größe von mindestens 250 x 250 Millimeter und verfügen über eine Linie, die parallel zum Abstand von 12,5 Millimeter verläuft. Bei einem Großzettel muss die Linie in der oberen Hälfte dieselbe Farbe wie das Symbol und in der unteren Hälfte dieselbe Farbe wie die Ziffer in der unteren Ecke haben.

Darüber hinaus muss ein Großzettel (Placard) dem für das jeweilige gefährliche Gut vorgeschriebenen Gefahrzettel hinsichtlich Farbe und Symbol entsprechen.

Was ist im Schadensfall durch entzündbare flüssige Stoffe zu tun?

Sollte es bei einem Gefahrguttransport zu einem Unfall kommen, sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Die Zündquellen müssen sofort entfernt und unwirksam gemacht werden.
  • Das Eindringen in Kanalisationen und tieferliegende Räume muss verhindert werden. Hier reicht es bereits, die Kanalisation (Gullideckel) abzudecken.

Autor: Redaktion SafetyXperts