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Gefahrstoffkataster
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Gefahrstoffkataster: Aufbau und Erstellung

  • 17.02.2022
  • Stefan Küst und Christian Schweizer
  • 5 Min.

Die Erstellung eines Gefahrstoffkatasters ist mühsam und wird nicht allzu selten als eine Last wahrgenommen. Insbesondere Aktualisierungen können wahre Zeitfresser sein. Wie Sie am besten beim Aufbau eines Gefahrstoffkatasters vorgehen, beschreibe ich Ihnen im folgenden Beitrag.

Unter einem Gefahrstoffkataster versteht man ein Verzeichnis aller im Unternehmen vorkommenden Gefahrstoffe. Doch welche Stoffe zählen überhaupt zu Gefahrstoffen? Generell gelten alle Substanzen als Gefahrstoffe, welche ein chemisches Gefährdungspotenzial aufweisen. Im Sinne der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sind Gefahrstoffe unter anderem gefährliche Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, welche beispielsweise explosionsfähig, brandfördernd, entzündlich, giftig, gesundheitsschädlich, ätzend, reizend, sensibilisierend, krebserzeugend, fortpflanzungsgefährdend, erbgutverändernd oder umweltgefährdend sind.

Aufgaben und Pflichten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen

Sie als Unternehmen sind dafür verantwortlich, mit den Gefahrstoffen einen rechtskonformen Umgang in Ihrem Betrieb sicherzustellen. In jedem Fall, wenn Gefahrstoffe vorhanden sind, sollten Sie einen detaillierten Überblick über Ihre Gefahrstoffmengen und -arten haben. Dies geschieht mit Hilfe eines Gefahrstoffkatasters. Die Verantwortung dieses Gefahrstoffkataster zu erstellen und zu pflegen, liegt bei dem Unternehmer. Dieser kann jedoch eine befähigte Person beauftragen, die ihn bei der Aufgabe unterstützt.

So ist ein Gefahrstoffkataster aufgebaut

Grundsätzlich kann ein Gefahrstoffregister gemäß der Gefahrstoffverordnung unterschiedlich und individuell aufgebaut sein und geführt werden. Die folgenden Informationen müssen jedoch im Gefahrstoffkataster stehen:

  1. Gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Gemische, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen.
  2. Informationen des Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt.
  3. Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege.
  4. Möglichkeiten einer Substitution.
  5. Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge.
  6. Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte.
  7. Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen.
  8. Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Erweitert sollten Sie außerdem folgende Angaben machen:

Das Register – elektronisch oder in Papierform?

In der Betriebspraxis haben sich verschiedene Lösungen bewährt. Ein Gefahrstoffkataster kann in Papierform oder als elektronisches Register vorliegen. Viele Betriebe führen ein zentrales gelenktes Dokument, wo alle Gefahrstoffe aufgelistet und mit allen dazugehörigen Unterlagen (Sicherheitsdatenblätter, Betriebsanweisungen etc.) verlinkt werden.

Ein gutes Gefahrstoffkataster zeichnet sich dadurch aus, dass es von den Mitarbeitern genutzt und kontinuierlich angewendet wird. Des Weiteren sollten die benötigten Informationen von Gefahrstoffen im Kataster schnell gefunden werden und stets auf dem neuesten Stand sein.

Zu jedem Stoff müssen Betriebsanweisungen physisch vorliegen, das heißt, nicht nur auf dem Server und auf Abfrage, sondern auch als Aushänge, wo Stoffe physisch gelagert werden.

HINWEIS: Prüfen Sie bei jedem Einkauf von Gefahrstoffen, ob die vorhandenen Informationen im Kataster mit dem Etikett übereinstimmen. Falls es eine Abweichung gibt, nehmen Sie immer eine Aktualisierung vor.

Gefahrstoffkataster als Basis für Schulungen

Durch die Führung eines Gefahrstoffkatasters kann überwacht werden, ob ggf. Unterweisungen zum Umgang mit Gefahrstoffen zusammen durchgeführt werden können. Bereiten Sie eine Liste der zu unterweisenden Personen im Betrieb vor, die Sie bezüglich des Umgangs mit vorhandenen Gefahrstoffen schulen müssen. Eine gute Basis für Unterweisungen sind Sicherheitsdatenblätter und Betriebsanweisungen. Sie können auch einen externen Berater hinzuziehen, der Ihre Mitarbeiter entsprechend schult.

HINWEIS: Prüfen Sie während eines internen Audits die praktische Anwendung Ihres Gefahrstoffkatasters. Hier können Sie ohne Konsequenzen Fehler und Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren. Bei einem externen Audit hingegen (z. B. bei EMAS) kann es zu spät sein und dazu führen, dass Ihr Unternehmen beispielsweise nicht zertifiziert wird.

Tipps – Gefahrstoffkataster erfolgreich managen

Abschließend möchte ich Ihnen noch einige Tipps zum erfolgreichen Management Ihres Gefahrstoffkatasters an die Hand geben. Das sollten Sie unbedingt beachten:

  1. Erstellen Sie eine Liste aller Ihrer Gefahrstoffe in Excel.
  2. Verlinken Sie alle Sicherheitsdatenblätter und Betriebsanweisungen in der Datei.
  3. Nehmen Sie Aktualisierungen sofort vor und schieben Sie sie nicht hinaus.
  4. Erläutern Sie alle Fremdbegriffe oder Abkürzungen bzw. fügen Sie eine Legende ein.
  5. Schützen Sie Ihre Gefahrstoffliste vor ungewollten Änderungen mit einem Kennwort.
  6. Stellen Sie Ihre Gefahrstoffliste allen relevanten Mitarbeitern zur Verfügung.
  7. Führen Sie bei mehr als 20 Gefahrstoffen eine datenbankgestützte Anwendung ein.
  8. Benennen Sie klare Ansprechpartner, die das Gefahrstoffkataster pflegen.

Erstellung des Gefahrstoffkatasters

Beantworten Sie in diesem Zusammenhang und als Basis für die spätere Erstellung Ihres Gefahrstoffkatasters die nachfolgenden Fragen. Diese helfen Ihnen bei der Erstellung des

Vorhandensein von Stoffen

  • Welche Stoffe gibt es in meinem Unternehmen und welche gehören tatsächlich zu Gefahrstoffen?
  • Benötige ich wirklich alle Gefahrstoffe, die im Unternehmen vorhandenen sind für meine Prozesse?
  • Wie lange werden die Stoffe im Betrieb gelagert?

Hinweis: Identifizieren Sie alle Gefahrstoffe in Ihrem Betrieb und listen Sie sie genau auf. Das macht Ihnen die Erstellung des Gefahrstoffkatasters später wesentlich leichter. Außerdem können Sie daraus ableiten, ob Sie ggf. auf einige Stoffe verzichten können.

Einsatzbereich

  • Wo werden welche Gefahrstoffe im Unternehmen gelagert und wie viel ist von den jeweiligen Gefahrstoffen auf Lager?

HINWEIS: Bestimmen Sie die Mengen und Lagerorte von Gefahrstoffen in Ihrem Betrieb, denn nur so behalten Sie den Überblick.

Ersetzbarkeit

  • Können Gefahrstoffe, durch Stoffe, von denen keine oder eine geringere Gefährdung ausgeht, ersetzt werden?

HINWEIS: Analysieren Sie Ihre betrieblichen Prozesse und prüfen Sie die Ersetzbarkeit von Stoffen. Auf lange Sicht können Sie so bares Geld sparen!

Lagerung und Beschriftung

  • Sind die Gefahrstoffe entsprechend den gesetzlichen Regelungen richtig gelagert und beschriftet? (Je nach Stoff z. B. über einer Auffangwanne oder in einem Sicherheitsschrank?)
  • Wer hat Zugang zu den Gefahrstoffen und wer kontrolliert deren Ausgabe?

HINWEIS: Bei zu langer Lagerung können sich Stoffe verändern, Kunststoffverpackungen altern. Bei ätzenden Stoffen müssen Sie Beschriftungen gegebenenfalls ersetzen. Die Schrift kann nämlich unleserlich werden. Kontrollieren Sie diese Punkte daher regelmäßig.

Schulung und Bewusstsein

  • Wurde eine zuständige Person für das Gefahrstoffmanagement ernannt?
  • Sind entsprechende Mitarbeiter bezüglich des Umgangs mit Gefahrstoffen geschult?
  • Wird die Schulung regelmäßig durchgeführt?
  • Werden alle Mitarbeiter unterwiesen und entsprechend nachgeschult, wenn beispielsweise eine krankheitsbedingte Abwesenheit vorliegt?
  • Sind die zuständigen Personen fachkundig und qualifiziert?
  • Wie ausgeprägt ist generell das Bewusstsein der Mitarbeiter im Unternehmen im Umgang mit Gefahrstoffen und Gefahren?

HINWEIS: Beauftragen Sie immer eine fach- und sachkundige Person im Betrieb bezüglich des Umgangs mit Gefahrstoffen. Denken Sie auch daran, diese Person regelmäßig zu schulen.

Einkaufsprozess

  • Ist der Einkauf von Gefahrstoffen ein formalisierter Prozess, nach welchem zuständige Personen vorgehen müssen?
  • Haben Sie von Ihren Lieferanten aktuelle Sicherheitsdatenblätter vorliegen?
  • Liegen die Wassergefährdungsklassen (WGKs) vor?
  • Ist die Vorlage eines Sicherheitsdatenblattes eine Einkaufsbedingung?
  • Gibt es im Unternehmen Richtlinien zur Beschaffung von Gefahrstoffen oder existiert eine Liste zugelassener Stoffe?

HINWEIS: Nehmen Sie den Einkaufsprozess unter diesen Gesichtspunkten genauer unter die Lupe. Dies schafft Sicherheit und spart Prozesskosten.

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Autor: Christian Schweizer