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Foto: © Bettina | Adobe Stock

Baulicher Brandschutz: Einteilung der Baustoffklassen

  • 04.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 5 Min.

Vor allem bei Bauvorhaben ist es unerlässlich, dass Sie sich mit dem Thema "baulicher Brandschutz" auseinandersetzen. Ein wichtiger Bereich ist hier die Beachtung der Baustoffklassen. Diverse Normen und Richtlinien, zum Beispiel die DIN 4102, teilen die Baustoffklassen in verschiedene Kategorien ein. Erfahren Sie, welche Einordnungssysteme in Deutschland gültig sind und wie sie sich voneinander unterscheiden.

Was ist der bauliche Brandschutz?

Unter dem baulichen Brandschutz werden alle Maßnahmen verstanden, die das entsprechende Gebäude betreffen. Die Regelungen des baulichen Brandschutzes beziehen sich demnach sowohl auf die Materialien als auch auf die Bauweise der Gebäude.

Baulicher Brandschutz: Die Einteilung der Baustoffklassen

Baustoffklassen, auch bauliche Brandschutzklassen genannt, werden in Deutschland nach DIN 4102 und innerhalb Europas nach DIN EN 130501 klassifiziert. Die Einteilung erfolgt nach jeweiligem Brandverhalten der Baustoffe. Beide Einteilungen sind parallel gültig, jedoch nur bedingt miteinander vergleichbar. Angesichts der unterschiedlichen Kriterien zur Einstufung kann nicht eine Baustoffklasse aus der einen Norm, zweifelsfrei in eine Klasse in der anderen Norm übertragen werden.

In Deutschland ist nach wie vor, die alte Klassifizierung nach DIN 4102 im Brandschutz verbreitet. Hersteller sind angewiesen bauliche Brandschutzklassen auszuweisen. Der Nachweis erfolgt über einen Brandversuch nach DIN 4102. Alternativ ist die Brandschutzklasse des jeweiligen Baustoffs bereits in der DIN 4102-4 aufgeführt.

Die besondere Einteilung der Baustoffklassen im Brandschutz hat einen Einfluss darauf, welche Baustoffe für bestimmte Abschnitte in Gebäuden verwendet werden dürfen. So dürfen Baustoffe der Klasse B3 und F nicht im Hochbau verwendet werden. Bauordnungen der Bundesländer und Sonderbauverordnungen geben Ihnen bereits in der Planung Sicherheit über die Zulässigkeit. Auch örtliche Brandschutzmeister können Ihnen wertvolle Sicherheitshinweise liefern.

Einteilung der Feuerwiderstandsklassen im baulichen Brandschutz

Zusätzlich sind Feuerwiderstandsklassen zu beachten. Die Einteilung von Baustoffen in die Feuerwiderstandsklassen beschreibt, wie lange sie ihre Funktionalität, bei einem Brand, beibehalten können. Feuerwiderstandsklassen werden ebenfalls in den bereits erwähnten Richtlinien beschrieben. Eine Unterscheidung in nationale und europäische Klassen findet auch hier statt.

Wie verhält sich baulicher Brandschutz nach nationaler DIN 4102?

Die deutsche Klassifizierung der Baustoffklassen lässt sich vereinfacht in nicht brennbare Baustoffe (A1 und A2) und brennbare Baustoffe (B1-B3) einteilen.

Baustoffklassen nach DIN 4102

Zur Erleichterung finden Sie hier eine tabellarische Übersicht:

BaustoffartKlasseBeispiel
Nichtbrennbare Stoffe
NichtbrennbarA1Ohne Nachweis der Brennbarkeit, zum Beispiel Kies, Beton, Stahl
A2Hauptbestandteile sind nicht brennbar, aber brennbare Nebenbestandteile, zum Beispiel Gipskartonplatten
Brennbare Stoffe
Schwer entflammbarB1 Zum Beispiel Kunstharzprodukte
Normal entflammbarB2Hierunter fallen zum Beispiel Bodenbeläge aus PVC, Elektroleitungen
Leicht entflammbarB3 Wie zum Beispiel Schaumkunststoffe

Brennbare Stoffe der Klasse B1-B3 unterscheiden sich untereinander in der Entflammbarkeit und dem weiteren Brandverhalten des Stoffes. Je schneller sich ein Baustoff entzündet und je verheerender der daraus resultierende Brand ist, desto höher ist er einzustufen.

Zum Beispiel dürfen Baustoffe der Klasse B1 nach Entzug der Feuerquelle nicht mehr selbstständig weiterbrennen. Stoffe der Klasse B3 dagegen sind unkalkulierbar, wie etwa Papier.

Klasse A1 und A2 unterscheiden sich lediglich in einem Punkt voneinander. Und zwar darf A2 eingeschränkt Bestandteile haben, die entflammbar sind. Bei beiden gilt aber, dass eine Rauchentwicklung verboten ist.

Baulicher Brandschutz: Was müssen Sie über die Brandschutzklasse von Holz wissen?

Im ersten Moment möchte man meinen, Holz habe sicherlich eine Brandschutzklasse von B3. Holzwerkstoffe die dicker als 2 mm sind und eine Rohdichte von mehr als 400 kg pro m³ haben, werden jedoch der Baustoffklasse B2 zugeordnet. Sie gelten damit als normal entflammbar. Holz mit geringeren Werten, wird wie gedacht, in Klasse B3 kategorisiert.

Wie verhält sich baulicher Brandschutz nach der europäischen Klassifizierung DIN EN 130501?

Seit 2001 gilt auch das europäische Klassifizierungssystem für bauliche Brandschutzklassen bzw. Baustoffklassen. Es existiert parallel zur deutschen DIN-Norm und hat zum Ziel, die europaweit verschiedenen Einteilungen zu harmonisieren. Die Aufteilung ist deutlich komplexer. Das sieht man bereits an der Mehrzahl an Klassen (insgesamt 7 Stück) und einer zusätzlichen Berücksichtigung für Rauchentwicklung (s1-s3) und Abtropfverhalten (d0-d2). Bodenbeläge werden darin allerdings nicht berücksichtigt.

Baustoffklassen nach DIN EN 130501
Klasse Anicht brennbar
Klasse Bschwer entflammbar
Klasse Cschwer entflammbar
Klasse Dnormal entflammbar
Klasse Enormal entflammbar
Klasse Fleicht entflammbar

Die Aufteilung nach Rauchentwicklung und Abtropfverhalten wird in Kleinbuchstaben vorgenommen:

Rauchentwicklung nach DIN EN 130501
s1keine oder kaum Rauchentwicklung
s2begrenzte Rauchentwicklung
s3unbeschränkte Rauchentwicklung
Abtropfen nach DIN EN 130501
d0kein Abtropfen
d1begrenztes Abtropfen
d2starkes Abtropfen

Hier können Sie auch schon den wesentlichen Unterschied zur deutschen Norm erkennen. Eine Bausubstanz kann folglich eine Baustoffklasse von C-s2, d0 haben. Dies macht sie sicherer als eine Bausubstanz der gleichen Klasse, aber mit anderen Werten, wie zum Beispiel C-s3, d1.

Die Rauchentwicklung hat an Bedeutung gewonnen, da diese einen unmittelbaren Einfluss auf die Rettung von Menschen im Brandfall hat. Zum einen kann es durch eine starke Rauchentwicklung zu Sichtbehinderungen für die Rettungskräfte kommen. Auch Fluchtwege werden schwerer erkennbar. Zum anderen ist durch eine übermäßige Rauchproduktion, die Wahrscheinlichkeit für Rauchvergiftungen höher.

Das Abtropfverhalten spielt insbesondere bei Decken eine Rolle. Durch das Abtropfen bei einem Brand können weitere Brandherde entstehen. Je mehr Einzelbrände entfachen, desto schwieriger die Löscharbeiten.

Nach DIN EN 130501 existieren 7 unterschiedliche Baustoffklassen © safetyxperts.de

Baulicher Brandschutz: Schutzlücken bei Glimm- und Schwelverhalten

Wenn Baumaterialien schwelen oder glimmen, kann dies zu einem Brand führen. Einer der bekanntesten Fälle ist das Feuer in der Berliner Philharmonie, das kurz nach Bauarbeiten im Dach ausgebrochen war. Der Millionenschaden aus dem Jahr 2008 wird auf ein unbemerktes Schwelen von Bauprodukten zurückgeführt. Seitdem gibt es Bestrebungen, Prüfverfahren zur Bestimmung des möglichen Glimmverhaltens von Bauprodukten einzuführen.

Doch bis heute bestehen Lücken und Mängel in den europäischen Normen und damit der CE-Kennzeichnung zum Glimmverhalten von Bauprodukten. Wie das Umweltbundesministerium kürzlich meldete, hat die Bauministerkonferenz der Länder nun beschlossen und sich mit der EU darauf geeinigt, dass Deutschland „vorübergehend Anforderungen an das Glimmverhalten von Bauprodukten stellen kann, bis diese in die europäische Produktnorm aufgenommen worden sind.“

Fazit zum baulichen Brandschutz

Es existiert noch eine Fülle weiterer Brandschutznormen bei dem Thema baulicher Brandschutz welche unter anderem in der Brandschutzordnung nach DIN 14096 enthalten sind. Denn es gilt auch den anlagentechnischen Brandschutz und den organisatorischen Brandschutz zu beachten. Brandschutz ist ein vielschichtiges Themenfeld bei Bauvorhaben. Fehler entscheiden unter Umständen über Menschenleben.

Deshalb empfiehlt es sich, bei Bauvorhaben, im Vorfeld mit Brandschutzexperten in Verbindung zu setzen. Durch die Zusammenarbeit mit einem Experten können Sie präventiv planen und sich fach- und rechtssicher Ihrem Projekt widmen.