423 Beschäftigte sind in den Jahren 2009 bis 2016 durch Absturzunfälle ums Leben gekommen. Umso wichtiger, dass Sie die Regeln der Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) kennen und Ihre Mitarbeiter entsprechend unterweisen.
Immer wenn Ihre Kollegen Aufgaben in der Höhe zu erledigen haben, dann besteht die Gefahr, dass sie dabei abstürzen. Für Absturzrisiken gibt es allerdings keine allgemeingültige Definition. Deshalb müssen Sie die Gefährdungen, die solche Tätigkeiten mit sich bringen, individuell beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen.Eine Maßnahme hierfür ist das Tragen von PSAgA.
Neufassung der TRBS 2121 „Gefährdung von Personen durch Absturz“
Die Technische Regel TRBS 2121 zu Gefährdungen durch Absturz wurde in diesem Jahr neu gefasst. Sie gibt vor, was zu berücksichtigen ist, wenn Sie Gefährdungen durch Absturz beurteilen müssen.
Die neue TRBS enthält wie die bisherige die Abschnitte „Begriffsbestimmungen“, „Beurteilung der Gefährdung“ und „Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz“. Darin wurde überall der Begriff „tragfähig“ um „durchtrittsicher“ ergänzt.
Sie weist jetzt darauf hin, dass es sich bei Absturzsicherung, Auffangeinrichtung und Persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) um Schutzmaßnahmen im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung handelt. Außerdem definiert sie PSAgA ausführlicher als zuvor.
Bereits die Definition eines „Absturzes“ verweist jetzt auch auf das „Hineinfallen in eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz“.
Nur geringfügige Änderungen bei der Gefährdungsbeurteilung
Neben den Ergänzungen, wurden auch teile aus der TRBS 2121 gestrichen. So gibt es in der Neufassung keine Beispiele für die Auswahl der richtigen Arbeitsmittel mehr. Stattdessen weist die TRBS darauf hin, dass diese sich für die geplante Verwendung, die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation eignen müssen.
Der Abschnitt „Bewertung der Gefährdung“ wurde lediglich formal umgestellt.
Außerdem entfallen sind Hinweise, unter welchen Umständen Sie darauf verzichten können, PSAgA einzusetzen. Die TRBS weist allerdings darauf hin, dass Sie den PSA-Einsatz für jeden Beschäftigten auf das erforderliche Minimum beschränken müssen.
Abschließend macht die TRBS 2121 darauf aufmerksam, dass sich grundlegende Anforderungen an die Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen aus der PSA-Benutzungsverordnung ergeben.
Sie finden die neu gefasste TRBS 2121 hier einsehen.
Darauf müssen Sie beim Einsatz von PSAgA achten
Unter „Maßnahmen“ gibt es nunmehr einen neuen Abschnitt, der Ihre Pflichten beim Einsatz von PSAgA zusammenfasst. Und zwar müssen Sie
- die PSAgA entsprechend den Randbedingungen am Arbeitsplatz auswählen.
- für geeignete Rettungskonzepte sorgen – vor allem, um bewegungslos im Auffanggurt hängende Personen, für die das Risiko eines Hängetraumas besteht, schnell und sicher retten zu können.
- unterhalb des Standplatzes des Benutzers für den nötigen Freiraum sorgen.
- dafür sorgen, dass Anschlageinrichtungen bestimmungsgemäß verwendet werden und die Konstruktion tragfähig ist.
Unterweisung zur PSAgA: Üben Sie die Benutzung
Für das Unterweisen zur Benutzung von PSAgA gelten besondere Anforderungen an den Unterweiser, die zu vermittelnden Kenntnisse und Fähigkeiten sowie das Trainieren. Übungen dürfen z. B. nur mit einer unabhängigen zweiten Sicherung durchgeführt werden. Maßgeblich für solche speziellen Unterweisungen sind die DGUV-Regel 112-198 „Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz“ sowie die DGUV-Regel 112-199 „Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen“.
Den Umgang mit PSAgA zu lernen, inklusive dem Benutzen von Höhensicherungsgeräten und Seilzugangstechnik, bedarf zudem einer geeigneten Übungsumgebung. Verschiedene Dienstleister und PSA-Hersteller unterhalten dafür spezielle Schulungszentren mit optimalen Trainingsmöglichkeiten.
In Ihrer Unterweisung sollten Sie erklären,
- wie Absturzschutzsysteme funktionieren.
- wie geeignete Anschlagpunkte ausgewählt werden.
- was beim Anziehen von PSAgA zu beachten ist.
- wo genau die personenseitigen Anschlagpunkte liegen sollten.
Beachten Sie Ihre betrieblichen Anforderungen
Absturzgefahren sind ein weites Feld. Gehen Sie in Ihrer Unterweisung möglichst konkret auf die Gefährdungen ein, die Ihre Teilnehmer direkt betreffen. Das werden in vielen Betrieben Leitern sein, in Bau- und Handwerksunternehmen auch Gerüste. Das kann in Ihrem Unternehmen aber auch Hubarbeitsbühnen betreffen, Arbeitskörbe an Gabelstaplern oder Regalbediengeräten, von bzw. aus denen Mitarbeiter abstürzen können.
In einer Gefährdungsbeurteilung haben Sie die Risiken erfasst, bewertet und Schutzmaßnahmen und Sicherheitsregeln festgelegt. Diese Maßnahmen und Verhaltensweisen muss jeder Mitarbeiter kennen, anwenden und umsetzen, der sich auf hochgelegenen Arbeitsplätzen bewegt.
PSAgA zu vergessen kann teuer werden
Kurz vor Weihnachten 2015 stand ein 43-jähriger Gerüstbau-Unternehmer wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Unfallverhütungsvorschriften vor Gericht. Bei der Kontrolle einer Baustelle wurde festgestellt, dass keiner seiner Mitarbeiter gegen ein Abstürzen gesichert war. Weder war ein Montageschutzgeländer vorhanden noch wurde eine PSAgA verwendet. Der Arbeitgeber kam in diesem Fall mit einem Bußgeld von 1.200 € noch recht glimpflich davon. Nach einem Absturzunfall dürften die Folgen deutlich schwerwiegender sein, denn bei Missachtung von Unfallverhütungsvorschriften werden sich die Unfallversicherer ihre Kosten beim Arbeitgeber zurückholen. Mehrere Gerichtsurteile haben dies in den vergangenen Jahren bestätigt.
EMPFEHLUNG Betrachten Sie auch die Unfallstatistiken, ganz allgemein und aus Ihrem Betrieb. Denn hieraus lassen sich häufige Fehlerquellen ableiten, die sich bestens für die Unterweisung eignen. |
Vorsicht bei Erster Hilfe in der Höhe
Sollte es tatsächlich zu einem Absturzunfall kommen, sollten Sie die Erste Hilfe den Experten überlassen. Eine solche Höhenrettung kann nur von dazu ausgebildeten Rettungskräften, Sanitätern und Ersthelfern erfolgreich durchgeführt werden. Denn die besondere Gefahr dabei ist das gefährliche Hängetrauma, das Medizinern als der „orthostatische Schock“ bekannt ist. Das Hängetrauma bezieht sich auf die Gefahr, dass das Opfer in der Luft hängt und die Seile seine Arterien abschnüren können. Deshalb dürfen Ersthelfer das Opfer anschließend nicht in die übliche Schocklage bringen, sondern müssen den Oberkörper langsam senken.
Passend zum Thema: Die wichtigsten Schutzausrüstungen und deren Sinn
Autor: Martin Weyde und Friedhelm Kring