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Foto: © NVB Stocker | Adobe Stock

Unfallursachen am Arbeitsplatz erkennen und durch konkrete Maßnahmen unterbinden

  • 13.01.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 7 Min.

In fast jedem Unternehmen kommt es immer wieder zu Unfällen - und das nicht nur bei gefährlichen Tätigkeiten. Selbst unauffällige Stolperfallen können zu schweren Arbeitsunfällen führen. Aus diesem Grund ist es für Sie als Arbeitgeber essenziell wichtig, die Unfallursachen in Ihrem Betrieb zu identifizieren und durch geeignete Schutzmaßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen zu beseitigen.

Ein Unfall am Arbeitsplatz ist schnell passiert. Ein Moment der Unachtsamkeit, ein Fehler sowie Stress oder Zeitdruck genügen, um bei der Arbeit zu stürzen oder sich anderweitig zu verletzten.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) weist für das Jahr 2019 insgesamt 871.547 meldepflichtige Arbeitsunfälle aus, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hatten. 507 Arbeitsunfälle mit Todesfolge wurden dabei von der DGUV gezählt. Dies entspricht einer Quote von 0,11 Prozent auf 1.000 Vollarbeiter.

Die statistischen Zahlen der DGUV verdeutlichen, wie essenziell ein Fokus auf Arbeitsschutz und Sicherheit ist. Es liegt auf der Hand, dass nicht jeder Arbeitsunfall verhindert werden kann. Kennen Vorgesetzte eines Unternehmens die Unfallursachen sowie die wichtigsten Unfallschwerpunkte und die damit verbundenen Faktoren im Betrieb, können Maßnahmen ergriffen werden, um sicherheitswidriges Fehlverhalten einzudämmen und somit Arbeitsunfälle zu vermeiden.

Die häufigsten Ursachen und Gefahren für Arbeitsunfälle in Deutschland

Abseits des eigenen Betriebs lohnt es sich in jedem Fall, über den Tellerrand zu sehen. Es ist zielführend, die häufigsten Unfallursachen für Arbeitsunfälle in Deutschland zu kennen und daraus zu lernen. Die Berufsgenossenschaften veröffentlichen regelmäßig Statistiken, die ausweisen, welche Unfallschwerpunkte bei Arbeitsunfällen eingegrenzt werden können.

Die häufigsten Unfallursachen Beispiele
Arbeitsunfall aus der Bewegung heraus. Abkürzung: SRS Stolpern, Rutschen oder Stürzen   Stolpern über ungesicherte Baustoffe auf dem Boden, Geräte oder Maschinen. Ausrutschen auf nassem oder glattem Boden, zum Beispiel bei der Arbeit mit einem Hochdruckreiniger. Sturz auf der Treppe oder einer Baustelle – Unfallursache Schlafmangel.
Arbeiten mit manuellen oder motormanuellen Handwerkzeugen Arbeitsunfall an der Drehmaschine, bei dem eine Hand verletzt wird. Unfall an einer Bandsäge, durch die ein Finger abgetrennt wird. Unfall mit einem Cuttermesser mit erheblicher Schnittverletzung der Hand. Arbeitsunfall mit einer Fräsmaschine aufgrund fehlerhaftem Tragens der persönlichen PSA
Manuelle Handhabung von Gegenständen und Werkzeug Falsches Transportieren oder Heben von schweren Gegenständen oder Baumaterialien. Unzureichendes Verstauen von schweren Materialien, die in der Folge herunterfallen und Menschen erschlagen. Unprofessioneller Umgang beim Öffnen von Kisten oder Transportverpackungen. Mangel an Erfahrung bei bestimmten Tätigkeitsbereichen.
Missachtung von Sicherheitsvorschriften durch Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Arbeitnehmer (Sicherheitswidriges Verhalten)Laxe oder unzureichende Sicherheitseinweisung durch den Vorgesetzten. Überschätzung trotz Mangel an Erfahrung. Umgehen von Sicherheitsvorschriften aufgrund von Stress oder Zeitdruck, sicherheitswidriges Fehlverhalten oder Nichtverwendung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) mit der Folge eines Säureunfalls im Labor. Nadelstichverletzung durch ungeeignete Handschuhe.
Fehlende Erfahrung oder Selbstüberschätzung aufgrund langjähriger Routine Hängetrauma eines jungen Mitarbeiters auf einer Baustelle nach einem Arbeitsunfall. Unfall eines erfahrenen Mitarbeiters mit einer Maschine aufgrund von Sorglosigkeit und Routine.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) erstellt regelmäßig Online-Publikationen und Übersichten, aus denen sich explizit ablesen lässt, wie hoch die Inzidenz von Arbeitsunfällen in Deutschland ist und was die häufigsten Unfallursachen sind.

Sie können helfen, den Fokus der Angestellten auf Sicherheit und Arbeitsschutz zu richten und sicherheitswidrigem Verhalten vorbeugen.

Unfallursachen im Büro – welche Unfälle im Office vermieden werden können

Ein wesentlicher Mitarbeiteranteil im Betrieb wird durch die Verwaltung gestellt. Mitarbeiter im Büro, die:

  • in der Personalabteilung,
  • der Buchhaltung,
  • im Marketing oder
  • Allgemein als Führungskräfte arbeiten,

stehen ebenfalls in der Gefahr einen Arbeitsunfall zu erleiden.

Folgende Bürounfälle sind typisch:

Anhand der Liste der typischen Bürounfälle ist nachvollziehbar, dass vor allem Stolper-. Rutsch- und Sturzunfälle, die zu den häufigsten Arbeitsunfällen führen, im Unternehmen im Besonderen betrachtet werden sollten.

Konkret beziehen sich diese Bürounfälle auf

  • Stolper- und Sturzunfälle im Büro, zum Beispiel durch das Stolpern über ein ungesichertes Kabel, einen Sturz von der Treppe oder durch verstellte Verkehrswege.
  • Rutsch- und Sturzunfälle durch einen frisch gewischten und somit nassen Boden.
  • Zusammenstöße mit Kollegen, zum Beispiel an uneinsehbaren Gängen oder beim Tragen von schweren Gegenständen.
  • Schnitt- Kratz und Schürfverletzungen bei der Arbeit mit Scheren, Cuttern, Schneidemaschinen oder anderen Bürogeräten.
  • Anschlagen und Anstoßen, zum Beispiel an einer Büroschublade oder einem Bürocontainer.
  • Umfallen von Gegenständen: Sind Regale nicht korrekt befestigt oder lösen sich Bilder oder ein in der Wand befestigter Bildschirm, kann dies einen schwerwiegenden Arbeitsunfall nach sich ziehen.
  • Arbeitsunfälle mit technischen Geräten, beispielsweise durch einen Stromschlag oder die Explosion eines Bildschirms.
  • Belastungen und Ausfälle durch zu schweres Heben, langes Sitzen oder andere Überlastungen.
  • Unfälle durch Einatmen oder die Berührung mit Giftstoffen. Typisch sind Verätzungen durch Reinigungsmittel, ein Säureunfall oder allergische Reaktionen durch einen ausgetauschten Bodenbelag.

Fallen offensichtliche Stolperfallen auf, müssen diese umgehend entschärft werden. Darüber hinaus sollte bei einer Veränderung des Raumkonzeptes zu jeder Zeit die Vermeidung von Unfällen priorisiert werden.

Dies schließt ein:

  • Büromöbel mit ausreichend Platz aufzustellen,
  • Eine ausreichende Beleuchtung im Office sicherzustellen,
  • Rutschfeste Bodenbeläge zu verbauen und schwer erkennbare Glastüren zu kennzeichnen,
  • Fluchtwege auszuschildern und nicht zu blockieren,
  • Einen Sicherheitsbeauftragten pro Abteilung zu benennen, der im Falle eines Arbeitsunfalls erste Hilfe leisten oder Hilfe anfordern kann.

Unfallfolgen und Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Die Folgen eines Arbeitsunfalls im Unternehmen haben eine hohe Bandbreite. Sie können harmlos oder schwerwiegend und für Menschen lebensbedrohend sein. Es kann zu den unterschiedlichsten gesundheitlichen Einschränkungen kommen. Unternehmen, die sich im Vorfeld auf Arbeitsunfälle und mögliche Verletzungen vorbereiten, können im Notfall schneller und effektiver handeln.

Unfallfolgen Handlungsempfehlung
Quetschungen, Prellungen und Blutergüsse Kühlen und Hochlagern.
Schürfwunden und Schürfverletzungen Erstversorgung mit Pflaster oder Wundmaterial.
  Knochenfrakturen oder Zerrungen, Dehnungen und Risse von Bändern Geeignete Personenaufnahmemittel, zum Beispiel eine Trage im Betrieb vorhalten. Therapieliegen im Erste-Hilfe-Raum bereithalten. Notarzt zur Erstversorgung rufen.
Gehirnerschütterungen Lagerung des Patienten auf einer Therapieliege. Rufen eines Notarztes zur Erstversorgung.
Bandscheibenvorfälle Der Grad der Verletzung des Rückens kann ohne medizinische Kenntnisse nicht eingeschätzt werden. Patienten in eine für ihn angenehme Ruhelage bringen und Notarzt rufen.
Offene Blutungen Blutungen umgehend stillen. Erstversorgung mit Wundmaterial und Rufen des Notarztes.

Erste-Hilfe-Maßnahmen und Meldung bei der Berufsgenossenschaft

Arbeitsunfälle sind spezifisch. Mitarbeiter, die einen Unfall am Arbeitsplatz erlitten haben, können unter Schock stehen und Schmerzen indifferent wahrnehmen. Aus diesem Grund ist es wichtig, im Zweifel den Notarzt zu rufen, um die Beschwerden professionell abklären zu lassen.

Zusätzlich muss eine Unfallanzeige für die Berufsgenossenschaft ausgefüllt werden. Dies sollte der Vorgesetzte spätestens drei Tage nach dem Unfall erledigt haben. Bei schweren Unfällen ist es zielführend, den Unfallhergang in Fotos festzuhalten, um den Unfallhergang im Nachhinein kompetenter untersuchen zu können.

Sucht der Mitarbeiter bei einer leichten Verletzung nach dem Arbeitsunfall einen Arzt auf, muss dieser persönlich angeben, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelte, damit die Unfallanzeige der Berufsgenossenschaft erstellt werden kann.

Egal, ob die Unfallursache auf sicherheitswidrigem Verhalten des Menschen oder einer Fehlfunktion einer Maschine beruht: Jeder Arbeitsunfall im Betrieb sollte umfassend beleuchtet werden, um Vorsorge- und Schutzkonzepte zu entwickeln oder zu spezifizieren.

Dienstanweisungen für die Mitarbeiter und das Ausweiten von Unfallverhütungsvorschriften können in der Folge erneute Arbeitsunfälle verhindern und die Sicherheit am Arbeitsplatz steigern.

Unfall-Analyse und Unfallgespräch - eine Anleitung

Es ist wichtig, aus Arbeitsunfällen zu lernen, um die Sicherheit zukünftig zu gewähren:

  • Um eindeutiges Fehlverhalten,
  • Menschliches Versagen,
  • Offensichtliche Stolperfallen oder
  • Technische Probleme

zu erkennen und abzustellen.

Hierfür sind eine eingehende Unfall-Analyse und ein Unfallgespräch mit dem verunfallten Mitarbeiter unerlässlich.

Eine Unfallanalyse besteht nach einem Leitfaden der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vor allem auf den folgenden Komponenten:

1. Schritt: Inaugenscheinnahme und Sammeln von Fakten am Unfallort.

2. Schritt: Unfallgespräch mit dem verunfallten Mitarbeiter sowie mit allen am Unfall Beteiligten.

3. Schritt: Beschreibung des Unfallgeschehens in Tabellen und Ereignisbausteinen.

4. Schritt: Ursachensuche durch das Stellen von W-Fragen:

  • Warum konnte der Unfall geschehen?
  • Wer hat Schuld am Unfallgeschehen?
  • Wie hätte der Unfall vermieden werden können?

5. Schritt: Zum Schluss der Unfallanalyse sollten Maßnahmen für den individuellen Arbeitsschutz und die Arbeitssicherheit im Unternehmen konkretisiert werden.

Durch Analysen und Gespräche kann aus Unfällen gelernt werden © safetyxperts.de

Zusammenfassung und Fazit: Unfallursachen am Arbeitsplatz müssen analysiert und abgestellt werden

Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu Hunderttausenden von Arbeitsunfällen. Ein Großteil dieser Unfälle am Arbeitsplatz endet mit leichten Blessuren, die zum Beispiel durch einen Sturz oder Stolpern verursacht werden. Andere Verletzungen sind schwerwiegender und bedürfen einer längerfristigen ärztlichen Behandlung.

Abseits der Unfälle ist es für Unternehmen essenziell, die Unfallursachen zu untersuchen und objektive Maßnahmen zur Unfallprävention abzuleiten. Sind konkrete Arbeitsschutz- und Arbeitssicherheitsmaßnahmen die Folge, können in der Zukunft Arbeitsunfälle proaktiv vermieden werden.

FAQ: Fragen und Antworten zu Unfallursachen am Arbeitsplatz

Was sind die häufigsten Ursachen für Unfälle am Arbeitsplatz?

Die sogenannten SRS-Unfälle, bei denen Personen stolpern, ausrutschen oder stürzen gelten als wiederkehrende und bekannteste Ursachen für einen Arbeitsunfall. Stolperkanten oder ein nasser Untergrund sind alltägliche Gefahren, die sowohl im industriellen Arbeitsumfeld und ebenso im Büro vorkommen. Ein durchdachtes Sicherheitskonzept kann sicherheitswidrige Situationen verhindern oder minimieren, bei denen Mitarbeiter durch SRS-Unfälle geschädigt werden.

Welche Folgen können Arbeitsunfälle haben und wie muss reagiert werden?

Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind vielfältig. Während manche Unfälle am Arbeitsplatz eine Schürfwunde nach sich ziehen, sind andere mit einem langfristigen Krankenhausaufenthalt verbunden. Leider haben einige Arbeitsunfälle einen tödlichen Ausgang. In jedem Fall können die Gesundheit und das Leben der Betroffenen geschützt werden, wenn nach einem Arbeitsunfall adäquate Maßnahmen zur Rettung eingeleitet werden. Abhängig vom Schweregrad des Unfalls kann eine Erstversorgung am Arbeitsplatz ausreichen. Ist die Intensität der Verletzung nicht erkennbar, sollten sicherheitshalber ein Arzt oder der Rettungsdienst verständigt werden.

In welchen Fällen muss ein Arbeitsunfall der Berufsgenossenschaft in einer Unfallanzeige mitgeteilt werden?

Arbeitsunfälle müssen grundsätzlich der für das Unternehmen zuständigen Berufsgenossenschaft gemeldet werden. Für die Meldung darf im Höchstfall eine Frist von drei Kalendertagen zwischen dem Tag nach dem Vorfall und der Übermittlung vergehen. Hatte der Unfall schwerwiegende oder tödliche Folgen, sind Arbeitgeber verpflichtet, die Unfallanzeige bei der BG umgehend vorzunehmen. Wird ein Arbeitsunfall nicht gemeldet, kann dies gemäß § 209 Abs. 3 SGB VII mit einer Geldbuße von bis zu 2.500 Euro geahndet werden.