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Steharbeitsplatz
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Steharbeitsplatz: Risiken, Ergonomie und Richtlinien zur Höhe

  • 16.02.2022
  • Dr. Friedhelm Kring
  • 5 Min.

Sie müssen kein Arbeitsmediziner oder Orthopäde sein, um die Gesundheitsgefährdung durch Steharbeit zu ermitteln. Der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) hat zur Unterstützung der betrieblichen Arbeitsschützer eine Handlungshilfe zur Steharbeit herausgegeben. Nutzen Sie dieses Schema, um Belastungen anhand von Dauer und Ausmaß der Stehhaltung zu bewerten.

Welche Risikobereiche gibt es bei Steharbeitsplätzen?

Steharbeitsplatz
© Safety Xperts

Die obenstehende Tabelle zeigt, wie Sie den Steharbeitsplatz und seine Formen gemäß dem LASI-Vorschlag in 4 Risikobereiche einteilen. Wichtigstes Kriterium ist die Belastungsdauer. Sie gibt Ihnen eine grobe Orientierung, inwiefern Gestaltungsmaßnahmen notwendig werden.

Risikobereich 1 bei Steharbeitsplätzen

Beim Risikobereich 1 werden lediglich bis zu 2,5 Stunden pro Tag im Stehen gearbeitet. Die Stehbelastung ist demnach gering, wodurch eine Überlastung in der Regel nicht zu erwarten ist. Dennoch empfiehlt es sich, eine Balance zwischen Stehen, Sitzen und Gehen einzuhalten. Der Arbeitgeber sollte lediglich 30 Prozent seiner Arbeitszeit stehen, 60 Prozent sitzen sowie weitere 10 Prozent der Arbeitszeit gehen.

Risikobereich 2 bei Steharbeitsplätzen

Beim Risikobereich 2 steht der Mitarbeiter 2,5 bis 5 Stunden pro Arbeitstag. Die Belastung ist folglich erhöht. Leiden wie Rückenbeschwerden können auftreten und den Mitarbeiter gesundheitlich belasten. Damit es zu keiner Überlastung kommt, muss der Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen zur ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes einleiten.

Risikobereich 3 bei Steharbeitsplätzen

Beim Risikobereich 3 wird der Mitarbeiter 4 bis 5,5 Stunden am Tag stehen. Die Stehbelastung ist wesentlich erhöht. Es kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. Demnach sind Maßnahmen wie beispielsweise elastische Bodenbeläge und eine Wärmedämmung zu empfehlen.

Risikobereich 4 bei Steharbeitsplätzen

Beim Risikobereich 4 steht der Mitarbeiter in der Regel mehr als 5,5 Stunden. Aus diesem Grund wird die Stehbelastung als hoch eingeschätzt. Selbst bei gesunden Menschen mit einer normalen Belastbarkeit können gesundheitliche Folgen entstehen. In diesem Risikobereich sind Gestaltungsmaßnahmen daher zwingend notwendig.

Welche Belastungsfaktoren am Steharbeitsplatz gibt es?

Die Dauer einer im Stehen verbrachten Tätigkeit ist jedoch nicht der einzige Bewertungsmaßstab. Beziehen Sie auch die anderen Arbeits- und Umgebungsfaktoren sowie die Ausstattung am Arbeitsplatz ein, die Art der Tätigkeit, die verwendeten Werkzeuge, Materialien usw.

Mögliche Belastungsfaktoren, die sich gerade bei Steharbeit besonders ungünstig auswirken können, sind z. B.:

  • das Arbeiten in räumlicher Enge
  • das Tragen von PSA, etwa von schwerem Atemschutz
  • das manuelle Bewegen schwerer Gegenstände, insbesondere mit verdrehtem Rumpf
  • das Greifen über Kopf, z. B. um Stellteile zu erreichen
  • feinmotorische Arbeiten, die zu Verspannungen in Schultern und Nacken führen können
  • ein vorgegebenes Arbeitstempo, etwa bei Kontrollarbeiten an
    einem Band
  • ein häufig notwendiges Vor- oder Zur-Seite Beugen, etwa bei diffizilen Schweiß­ oder Montagearbeiten

Diese Arbeitsfaktoren kommen auch bei sitzenden Tätigkeiten vor, können sich jedoch bei einem Dauerstehen früher und stärker auf Gesundheit und Wohlbefinden auswirken.

Welche Höhe sollte der Steharbeitsplatz aufweisen?

Nutzen Sie zum Einstellen eines Steharbeitsplatzes diese Faustregeln:

  • Die optimale Arbeitshöhe bei einem Steharbeitsplatz liegt etwa in der Höhe des Ellbogens bis 10 cm tiefer. Das heißt, der Oberarm bildet mit dem Unterarm einen rechten Winkel oder etwas größer.
  • Der Blick sollte leicht nach unten gehen, der Winkel zwischen Blickrichtung und der Horizontalen bei etwa 30 +/- 15 Grad liegen.

Achtung: Für die geeignete Tischhöhe gibt es keine fixierten Werte. Die Höhe muss nicht nur dem Mitarbeiter, sondern auch der Arbeitsschwere angepasst sein. Müssen schwere Gegenstände herangezogen oder weggeschoben werden, kann eine etwas höhere Einstellung entlastend wirken.

Bei Arbeiten mit geringem Kraftaufwand kann es angenehmer sein, den Tisch herabzusenken, um die Arme weniger stark anheben zu müssen. So ist es wichtig, jeweils individuell und der Situation angepasste Entscheidungen zum Wohle des Mitarbeiters zu treffen.

Wann werden Ergomatten bei Steharbeitsplätzen notwendig?

Das Arbeitsschutzrecht stellt so gut wie keine konkreten Anforderungen an Steharbeitsplätze. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Technische Arbeitsstättenregel zu Fußböden (ASR A1.5/1.2). Sie verlangt für Fälle, in denen sich andauernde (s. o.) Steharbeit nicht vermeiden lässt, folgende Maßnahmen: Sie müssen dafür sorgen, dass der Fußboden

  • ausreichend wärmegedämmt ist, d. h. aus einem Material besteht, das vor Bodenkälte isolierend wirkt.
  • mit ergonomischen Bodenbelägen ausgestattet ist; ergonomisch bedeutet hier: stoßdämpfend und elastisch, leicht federnd.

Nur selten sind Fußböden von vornherein für Steharbeit gestaltet. Daher werden oft Fußmatten oder Auflagen angeschafft, um die beiden Forderungen der ASR zu erfüllen. In einem solchen Fall müssen Sie jedoch unbedingt darauf achten, dass dadurch keine Stolpergefahren entstehen. Auch muss eine Matte in feuchten, öligen oder schmutzigen Arbeitsumgebungen unbedingt rutschfest sein.

Die gute Nachricht ist, dass Sie im Arbeitsschutz­-Fachhandel eine breite Palette von speziellen Bodenmatten finden; sie werden auch als „Ergomatten“ angeboten. Hochwertige Matten entlasten das Muskel- und Skelettsystem und beugen Verkrampfungen, Auskühlen und vorzeitigem Ermüden vor. Es gibt spezielle Modelle für die unterschiedlichsten Branchen und Einsatzzwecke. Fußmatten können schwer entflammbar, ölbeständig, antistatisch oder selbst für Schweißarbeitsplätze, Outdoor-Einsatze und sogar Reinräume geeignet sein.

Welche Schuhe bringen Erleichterung am Steharbeitsplatz?

Auch da, wo kein spezielles Schuhwerk vorgeschrieben ist, sollten Sie an Steharbeitsplätzen darauf achten, dass Ihre Mitarbeiter sich nicht durch ungeeignete Schuhe unnötig belasten. Wichtige Kriterien für einen Schuh bei Steharbeit sind:

  • hochwertige Dämpfung
  • eine Innensohle mit Fußbett
  • eine in Länge wie Breite bequeme Passform
  • guter Halt im Fersenbereich
  • breite Absätze, die nicht höher als etwa 4 cm sind
  • eine Sohle, die eher flexibel als zu starr ist
  • Als vorteilhaft und entlastend wird oft empfunden, wenn der Mitarbeiter die Weite seines Schuhs selbst einstellen kann, z. B. durch Schnallen oder Schnürung.

Überall, wo Ihre Steharbeiter Sicherheitsschuhe tragen müssen, stellen die genannten Anforderungen in der Regel kein Problem dar. Heikler kann es dort sein, wo Mitarbeiter, etwa im Verkauf oder in der Gastronomie, ihre Fußbekleidung selbst wählen. Wenn es keine Vorgaben zur Arbeitskleidung gibt, bleibt Ihnen nur, Ihre Kolleginnen und Kollegen ggf. darauf anzusprechen oder die genannten Kriterien in einer Unterweisung vorzustellen.

Zeigen Sie Verständnis für private oder der Mode geschuldete Vorlieben, aber machen Sie – besser noch Ihr Betriebsarzt – die Gesundheitsfolgen falschen Schuhwerks deutlich. Auch an Arbeitsplätzen, die hohe Anforderungen an korrektes Auftreten und Erscheinungsbild stellen, geht die Gesundheit vor. Wo Chefs z. B. das Tragen von High Heels am Empfang fordern, dürfen Sie dies als Arbeitsschützer nicht ignorieren.

Manchmal kann bei einem unvermeidbareren Steharbeitsplatz auch der Einsatz von Kompressionsstrümpfen infrage kommen. Diese unterstützen das Zurückströmen des Blutes „bergauf“ durch die Venen. Kompressionsstrümpfe oder -socken sollten jedoch nur nach Rücksprache mit dem Arzt getragen werden.

Auch interessant: So wählen Sie die richtigen Arbeitsschutzschuhe aus

Wie fördern Sie mit Stehhilfen die Gesundheit bei Steharbeit?

Der dritte Ansatzpunkt für eine erleichterte Steharbeit neben Ergomatten und den richtigen Schuhen sind Stehhilfen. Eine Stehhilfe kann die Last des auf die Füße einwirkenden Körpergewichts um bis zu 60 % verringern. Auch wenn ein dauerhaftes Arbeiten an der Stehhilfe nicht immer möglich ist, so hilft es bereits, den Beinen und Füßen ab und an etwas Entlastung zu verschaffen.

Es geht nicht nur darum, dass Stehen auf Dauer körperlich anstrengend ist. Schauen Sie an den Arbeitsplätzen in Ihrem Unternehmen genauer hin. Das Merkblatt A017 der BG RCI zur Gefährdungsbeurteilung nennt die folgenden 4 Gefährdungs- und Belastungsfaktoren für Steharbeit:

  1. Belastung von Wirbelsäule und Beinen
  2. Arbeitshöhe
  3. Kopfhaltung
  4. Greifraum, das ist der Bereich, den man mit ausgestreckten Armen erreichen kann

Je länger eine Steharbeit andauert und je mehr ungünstige Faktoren zusammenkommen, desto größer wird die Gefahr, dass betroffene Mitarbeiter Gesundheitsbeschwerden entwickeln.

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