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Stromunfall
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10 Regeln, um einen Stromunfall zu vermeiden

  • 25.05.2023
  • Christoph Ledder
  • 8 Min.

Sobald elektrische Energie in Unternehmen genutzt wird, kommt es immer wieder zu Stromunfällen – manchmal mit tödlichem Ausgang. Dennoch gibt es eine gute Nachricht: Die Elektrosicherheit der Beschäftigten in den Betrieben hat zugenommen, obwohl die industrielle und gewerbliche Anwendung von elektrischer Energie in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Statistiken des Statistischen Bundesamtes sowie der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) und der BG ETEM (Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse) belegen das. Laut Angaben der BG ETEM gab es im Jahr 2021 insgesamt sechs tödliche Stromunfälle. Demgegenüber stehen im gleichen Jahr 548 meldepflichtige Stromunfälle sowie 3.561 gemeldete Stromunfälle.

Mit diesen 10 Regeln können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter vor einem Elektrounfall bewahren

  1. Vom einwandfreien Zustand der elektrischen Geräte überzeugen

    Vor jeder Benutzung elektrischer Geräte oder Anlagen muss eine Sichtprüfung auf Beschädigungen oder offensichtliche Fehler erfolgen. Wert sollte beispielsweise auf aufgescheuerte Isolierungen gelegt werden. 
     
  2. Nur mit vorgesehenen Schaltern und Stelleinrichtungen bedienen

    Nur damit dürfen elektrisch betriebene Geräte oder Anlagen bedient werden. Nach Möglichkeit sollten die Mitarbeiter die Einstellungen daran nicht verändern.
     
  3. Keine nassen elektrischen Geräte benutzen

    Bei nassen Geräte und Anlagen ist die Gefahr eines Stromunfalls sehr groß. Die elektrischen Geräte sollten zudem nicht mit nassen Händen berührt werden. Ausnahme: Die Geräte sind ausdrücklich für die Verwendung bei Nässe vorgesehen. 
     
  4. Abschaltung / Außer Betrieb stellen

    Bei Störungen sofort die Spannung abschalten und Stecker ziehen. 
     
  5. Schäden und Auffälligkeiten sofort melden

    Die Beschäftigten, die die Geräte und Anlagen bedienen, sollten Schäden und weitere Auffälligkeiten sofort melden. Ansprechpartner sind in diesen Fällen die direkten Vorgesetzten, Sicherheitsfachkräfte sowie Elektrofachkräfte. Darüber hinaus sollte auch der Sicherheitsbeauftragte des Unternehmens darüber in Kenntnis gesetzt werden. Das Gerät oder die Anlage sollten die Beschäftigten bei Störungen und Auffälligkeiten nicht weiterverwenden. Außerdem sollten sie andere Benutzer auf die Störungen hinweisen, beispielsweise bei einem Schichtwechsel.
     
  6. Keine eigenhändigen Reparaturen vornehmen

    Mitarbeiter sollten nicht eigenhändig Reparaturen an Geräten und Anlagen vornehmen. Vor allem dann nicht, wenn sie keine Kenntnisse über die damit verbundenen Gefahren und die sichere Arbeitsweise besitzen.
     
  7. Über Sicherheitsmaßnahmen informieren

    Beschäftigte sollten sich vor der Benutzung von Elektrohandwerkzeugen und anderen transportablen elektrischen Geräten über die besonderen Sicherheitsmaßnahmen informieren. Diese Maßnahmen müssen auch strikt eingehalten werden. Dies gilt speziell beim Einsatz unter besonderen Umgebungsverhältnissen, wie beispielsweise extremer Hitze, Kälte, Nässe, chemischen Einflüssen oder auch in feuer- und explosionsgefährdeten Bereichen. 
     
  8. Schutzabdeckungen und Zugänge elektrischer Betriebsstätten und Schaltanlagen nicht öffnen

    Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter darauf aufmerksam machen, dass sie zudem auf Kennzeichnungen oder Absperrungen achten müssen, die sie vor einer Berührung mit unter Spannung stehenden Leitungen oder Teilen warnen oder schützen sollen. 
     
  9. Arbeiten nur von Elektrofachkraft durchführen lassen

    Arbeiten in gefährlicher Nähe elektrischer Anlagen sollten nur nach Anweisung einer erfahrenen Elektrofachkraft durchgeführt werden. 
     
  10. Weitere Sicherheitsmaßnahmen treffen

    Im Vorfeld von Arbeiten in der Nähe von Freileitungen und Kabeln müssen besondere Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden. Arbeitgeber sollten sich dahingehend über die Regelungen, die für solche Arbeiten vom Anlagenbetreiber zusammengestellt wurden, genau informieren und sich danach richten. Zusätzlich erhalten Arbeitgeber bzw. Unternehmen von der Sicherheitsfachkraft oder vom nächsten Elektrizitätsversorgungsunternehmen die nötigen Hinweise. 
     

Was passiert bei Niederspannungsunfällen?

Verantwortlich für Unfälle mit Niederspannungen sind kurze Kontakte mit einer Stromquelle mit einer kurzen Stromflussdauer. Durch die sogenannten Wischer kann es zu weiteren Unfällen wie beispielsweise einen Sturz kommen.

Hierbei ist die Schwere des Unfalls von dem Kontakt mit dem jeweiligen Körperteil abhängig:

  • Kontakt mit der Hand: Zerrungen, Abrisse von Sehnen oder Muskeln
  • Kontakt mit der Brust oder dem Rücken: Atem- und Herzrhythmusstörungen bis hin zu Kammerflimmern und Herzstillstand

Was passiert bei Hochspannungsunfällen?

Wer in Kontakt mit einer Hochspannung kommt, der kann folgendes erleiden:

  • Muskelverkrampfungen, sodass der Gegenstand nicht losgelassen werden kann, bis der Stromfluss unterbrochen ist
  • Verkrampfungen der Atemmuskulatur
  • Herzrhythmusstörungen, Kammerflimmern oder Herzstillstand
  • schwere Verbrennungen, Schädigungen des Nervensystems sowie Muskulatur

Definition: Was ist ein Stromunfall? 

Ein Stromunfall bzw. ein Elektrounfall ist eine Verletzung, die durch die Einwirkung von Strom auf den Körper zustande kommt. Die Ausmaße der Schäden, die ein Stromschlag auf den menschlichen Organismus haben kann, hängen von verschiedenen Faktoren ab:  

  • Stromstärke
  • Stromart (Gleichstrom und Wechselstrom)
  • Frequenz
  • Körperwiderstand
  • Dauer des Stromflusses
  • Stromweg durch den Körper
  • Größe der Kontaktfläche

Vor allem Wechselstrom ist für das Herz aufgrund der Polaritätswechsel besonders gefährlich. Herzrhythmusstörungen sowie Herzkammerflimmern treten infolge von Stromunfällen mit Wechselstrom besonders häufig auf. Anders verhält es sich bei Gleichstrom. Wenn es zu einem Elektrounfall mit Gleichstrom kommt, treten Muskelkontraktionen (Zuckungen) auf, und es kann zu Verkrampfungen des Körpers (andauernde Muskelkontraktionen) kommen. Darüber hinaus nimmt die Wahrscheinlichkeit von Herzrhythmusstörungen und Herzkammerflimmern bei Gleichstrom zu – abhängig von der Stromstärke und der Durchströmungsdauer. 

Wirkt sich die Stromstärke auf die Schwere der Verletzungen aus? 

Fakt ist: Das Risiko eines Stromunfalls – auch die mit tödlichem Ausgang – ist fünfzig Mal höher als bei anderen Unfällen. Vor allem bei Arbeiten mit Niederspannungen wird das Risiko oft unterschätzt. Die Schwere der Verletzungen hängen einerseits von der Stromstärke, andererseits von der Dauer bzw. Einwirkungsdauer (Zeit des Stromflusses) ab. Zudem ergibt sich die Stromstärke aus der Spannung und dem Übergangswiderstand. Der Übergangswiderstand wiederum hängt einerseits von der Art der Kontaktfläche und andererseits davon ab, wie leitfähig der Untergrund ist. Es macht etwas aus, wenn man zum Beispiel Schuhe mit Gummisohlen trägt oder auf Parkett oder Fliesenfußboden läuft. Auf einem Teppichboden beispielsweise ist eine elektrostatische Entladung ungefährlich, da die übertragende Energie klein ist. Anders stellt sich dagegen der Sachverhalt dar, wenn die elektrostatische Entladung auf nassem Fliesenboden geschieht. 
 

Darüber hinaus besteht ein Zusammenhang zwischen der körperlichen Verfassung und der Einwirkungsdauer des Stromschlags. Zudem hat auch der Körperwiderstand etwas damit zu tun. Der Körperwiderstand setzt sich aus dem Hautwiderstand sowie aus dem Körperinnenwiderstand zusammen. Außerdem wird der Körperwiderstand vom Stromfluss bestimmt – also welchen Weg der Strom durch den Körper nimmt.

Arme und Beine haben einen Körperwiderstand von 500 Ohm. Der Torso dagegen hat einen Körperwiderstand von 100 Ohm. Darüber hinaus gibt es die sogenannten Übergangsspannungen – der Stromeintritt und Austritt durch die Haut. Hier beträgt der Körperwiderstand 1.000 Ohm. Der Übergangswiderstand kann allerdings auf null Ohm sinken, zum Beispiel bei nasser Haut. 

Ab wann sind Stromschläge tödlich? 

Die Stromwirkung auf den menschlichen Körper unterteilt sich in vier Bereiche. In Bereich 1 besteht keine Gefahr bei einem Stromunfall. In Bereich 4 fallen die Stromschläge mit tödlichem Ausgang. 

  • Bereich 1: 0,1 bis 0,5 mA: Stromschläge werden nicht oder kaum wahrgenommen.
     
  • Bereich 2: 1 bis 100 mA: Stromschläge werden wahrgenommen. Es erfolgen jedoch keine Schäden. 
     
  • Bereich 3: 100 bis 1.000 mA: In diesem Bereich kommt es bereits zu Muskelkrämpfen bei einem Stromschlag. 
     
  • Bereich 4: 1.000 bis 10.000 mA: Herzkammerflimmern und Atemstillstand sind oft die Folge bei Stromschlägen.
Fehlerhaft installierte Steckdosen sind eine ernstzunehmende Gefahr © Photographee.eu – Adobe Stock

Worin liegt der Unterschied zwischen Hochspannungsunfällen und Niederspannungsunfällen? 

Zunächst werden die Begriffe näher erläutert: Hochspannung ist die elektrische Spannung, die höher als 1.000 Volt (V) ist. Allerdings gilt diese Definition nicht für alle Anwendungsbereiche. In manchen Bereichen, wie beispielsweise in der Raumfahrt, liegt die Hochspannungsgrenze bei 150 V. Wenn Energie über weite Distanzen übertragen wird, kommt Hochspannung zum Einsatz.

Bei Hochspannungsunfällen können folgende körperliche Reaktionen vorkommen: 

  • Muskelverkrampfungen: der jeweilige Gegenstand wird nicht losgelassen, bis der Stromfluss unterbrochen wird
     
  • Verkrampfungen der Atemmuskulatur
     
  • Herzrhythmusstörungen, Herzkammerflimmern oder Herzstillstand
     
  • schwere Verbrennungen, Schädigung des Nervensystems sowie der Muskulatur

Niederspannungen dagegen liegen im elektrischen Spannungsbereich bis 1.000 V. Allerdings ist der tatsächlich genutzte Niederspannungsbereich deutlich geringer. Meistens werden nur bis zu 400 Volt genutzt. Bei regulären Steckdosen im Haushalt oder in Büroräumen liegt eine Spannung bis 230 V an. Hierbei handelt es sich um regulären Haushaltsstrom. 

Bei Niederspannungsunfällen kommt es daher zu kurzen Kontakten mit einer Stromquelle und einer kurzen Stromflussdauer. Bei Niederspannungsunfällen handelt es sich um die berühmten “Wischer”. Daher stammt auch das „eine gewischt bekommen“. Es sind die Stromschläge, die in Privathaushalten oft vorkommen. Diese Wischer – die kurzen Kontakte mit der Stromquelle – sind allerdings nicht zu unterschätzen. Stürze, beispielsweise von der Leiter oder vom Stuhl, sind oft die Folge. Darüber hinaus gibt es Niederspannungsunfälle in Verbindung mit Haartrocknern oder Radios. Wer schonmal von einem Stromschlag getroffen wurde, hat oft kreisrunde Verbrennungen auf der Haut. Hierbei handelt es sich um die thermischen Auswirkungen der Stromschläge – der Niederspannungsunfälle. 

Wer haftet bei einem Stromunfall? ein Beispiel

Das folgende Beispiel macht deutlich, wer bei einem Stromunfall haftet. Prof. Dr. Thomas Wilrich, Fachanwalt für Arbeitsrecht, stellt den Elektrounfall vor. Vorab: Hierbei handelt sich um ein Beispiel für eine nicht “nur” arbeitsschutzrechtliche, sondern sogar strafrechtliche Haftung aufgrund einer nicht ordnungsgemäß betriebenen elektrischen Anlage. 

Der Fall

Eine Gruppe von Musikern begleitete eine Feier in einer Kirche von der Empore aus musikalisch. Während eines „Friedensgrußes“ reichten sich dabei zwei der Musiker die Hand und erlitten einen Stromschlag. Als Ursache wurde eine fehlerhaft installierte Steckdose ermittelt, an die die Gitarrenanlage eines der Musiker angeschlossen war.

Wer war für den Stromunfall verantwortlich und musste Haftung übernehmen? Das Gericht ermittelte eine Pflichtverletzung des Pfarrers, der aufgrund seiner Garantenstellung verpflichtet gewesen wäre, die elektrischen Anlagen in der Kirche regelmäßig auf deren ordnungsgemäßen Zustand überprüfen zu lassen. Außerdem verurteilte das Gericht den Pfarrer als Hausherrn zu 60 Tagessätzen wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Die zuständige Fachkraft für Arbeitssicherheit hatte den Vorgesetzten des Pfarrers, das Bischöfliche Ordinariat, auf den fehlerhaften FI-Schalter hingewiesen. Das Bischöfliche Ordinariat wies daraufhin den Pfarrer an, die Elektroverteilung sofort von einer Elektrofachkraft überprüfen zu lassen. Dass der Pfarrer dies unterließ, wertet das Gericht als Fahrlässigkeit.

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Was sind die häufigsten Ursachen für Stromunfälle?

Die häufigsten Ursachen sind defekte Elektrogeräte wegen beschädigter Kabel oder die Berührung der Steckdose unbeaufsichtigter Kinder. Aber auch Überlandstromleitungen führen häufig zu schweren Unfällen.

Wie wirkt sich Strom auf den Körper aus?

Bei Unfällen mit niedrigen Spannungen kommt es oft zu einem kurzen Stromschlag, wobei es bei stärkeren Spannungen zu schwerwiegenden Verbrennungen sowie Schäden am Herzen kommen kann.

Wie sieht die erste Hilfeleistung bei einem Stromunfall aus?

Zunächst sollte der Verletzte abgesichert werden, wobei der Helfende unbedingt auf den Selbstschutz achten sollte. Weiterhin sollte der Stromkreis unterbrochen und die Stromquelle abgeschaltet werden. Bei Unfällen mit dem Strom ist umgehend der Notruf zu tätigen. Erst dann ist Erste Hilfe zu leisten und eine ärztliche Versorgung zu gewährleisten.

Wie ist bei einem Unfall mit Hochspannung vorzugehen?

Hier gilt zunächst, 20m Abstand zu der betroffenen Person einzuhalten, denn der Strom kann unter dieser Distanz auf andere Menschen überspringen. Informieren Sie das Fachpersonal, das den Bereich freigeben muss. Erst dann ist die Erste Hilfe möglich.