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RLT-Anlage
Foto: © Johannes Rigg - fotolia.com

So optimieren Sie raumlufttechnische Anlagen (RLT)

  • 11.02.2022
  • Stefan Küst und Christian Schweizer
  • 6 Min.

Kaum ein Betrieb kommt ohne sie aus: Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) sorgen vor allem in Bereichen, in denen viele Menschen arbeiten, für das richtige Raumklima. Aber wie steht es um die Effektivität und Effizienz Ihrer RLT-Anlagen? Denn die Temperatur und Luftfeuchtigkeit in den Arbeitsräumen werden leider viel zu oft teuer bezahlt, weil zu viel Energie verbraucht wird. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten sollten.

Eine RLT-Anlage macht Sinn, denn in den meisten Fällen sorgt sie nicht nur für gute Luft im Betrieb, sie erledigt dies auch oft deutlich effizienter als die übliche Lüftungsmethode über geöffnete Fenster. Das liegt daran, dass RLT-Anlagen mehr können als nur frische Luft in die Räume einbringen.

Was sind die Vorteile moderner RLT-Anlagen?

  1. Die Lüftung erfolgt dauerhaft, kontrolliert und mittels automatischer Überwachung.
  2. Das Raumklima kann entsprechend den vorherrschenden Anforderungen definiert und sicher eingehalten werden.
  3. RLT-Anlagen versorgen die Arbeitsumgebung mit frischem Sauerstoff, der für konzentriertes Arbeiten nötig ist. Idealerweise sollte die Anlage 20–60 m³ frische Luft pro Mitarbeiter und Stunde zur Verfügung stellen – bei einfachen Arbeiten weniger, bei körperlich oder geistig anspruchsvollen Tätigkeiten mehr.
  4. Gute Anlagen sind in der Lage, Schadstoffe, Gase oder Dämpfe aus der Atemluft herauszufiltern.
  5. Auch biologische Verunreinigungen wie Viren, Bakterien, Pilzsporen oder Pollen können beseitigt werden.
  6. Die Luft wird je nach Bedarf ideal klimatisiert, also erwärmt oder abgekühlt.
  7. Die Klimatisierung erfolgt effizient, indem eine Wärmerückgewinnung Energieverluste vermeidet.
  8. Auch die Luftfeuchtigkeit kann reguliert werden. Dies verhindert Feuchteprobleme an Anlagen oder Schäden durch Schimmel, sorgt aber auch für ausreichend Luftfeuchte, um gesundheitliche Probleme an Haut, Schleimhäuten oder Atmungsorganen zu vermeiden.

So funktioniert eine RLT-Anlage

Das Prinzip ist immer das gleiche: Eine zentrale RLT-Anlage saugt die Außenluft an, reinigt sie, erwärmt, kühlt, be- oder entfeuchtet die Luft und stellt sie über ein Luftkanalsystem für die weitere Verteilung zur Verfügung.

Das Kanalsystem versorgt alle angeschlossenen Räume mit der entsprechend aufbereiteten Luft, evtl. über nachgeschaltete RLT-Einheiten, die individuelle Modifizierungen vornehmen, z. B. stärkere Kühlung für spezielle Räume mit höherer Abwärmebelastung durch die Anlagentechnik.

Ein zweites Kanalsystem befördert die Abluft zurück zur zentralen RLT-Anlage, die die enthaltene Energie der Abluft (Wärme oder Kälte) zurückgewinnt und der gewonnenen Frischluft zuführt.

Die Realität kommt diesem Anspruch meistens nicht nach

Gehört auch Ihre Lüftungsanlage zu den älteren Modellen, wie sie in den meisten Betrieben heute noch eingesetzt werden? Dann verbraucht auch Ihre Anlage zu viel Energie, Energie, die immer kostspieliger wird und zunehmend ein immer wichtigerer Wettbewerbsfaktor ist. Unsere Erfahrungen zeigen, dass in Industrie- und Dienstleistungsbetrieben in vielen Fällen Energieeinsparungen von weit mehr als 20 % möglich sind. Ansatzpunkte sind meist die veralteten Lüftungszentralen, ineffiziente Rohrnetze, eine unzureichende Anlagenregelung und ineffiziente Zusatzfunktionen für Heizen, Kühlen und Be- oder Entfeuchtung.

RLT-Anlage
© Kyrylenko – fotolia.com

So verbessern Sie Ihre Energieeffizienz

In diesem Fall sollten Sie sich zwei Fragen zur Zukunft Ihrer Lüftungsanlage stellen:

  • Ist Ihre Anlage effizient oder kann sie nach geeigneten Maßnahmen energieeffizient betrieben werden?
  • Macht eine komplett neue, moderne RLT-Anlage Sinn für Ihren Betrieb?

Die Beantwortung der ersten Frage ist nur höchst individuell anhand der Situation Ihrer Anlage möglich und kann am besten von einem Spezialisten vorgenommen werden. Doch Sie selbst können durchaus auch selbst prüfen, welche Maßnahmen infrage kommen:

Check 1: Die Anlagenregelung

Ist Ihre Anlage flexibel geregelt, indem sie über Sensoren die raumlufttechnischen Aspekte misst, auswertet und auf Basis dieser Informationen variabel gesteuert werden kann?

Dies ist in vielen Fällen nicht gegeben, da die Lüftung noch viel zu oft in einer fixen Leistung läuft und keine Rücksicht auf den Bedarf nimmt. Eine bedarfsabhängige Regelung kann aber oft nachträglich ohne großen Aufwand ergänzt werden.

Der Einbau regelbarer Lüfter und vor allem von Sensoren gewährleistet, dass entsprechend der Luftqualität gelüftet wird und nur wenn die Räume auch genutzt werden. Auch die Temperatursteuerung sollte in diese Automatik integriert werden.

Solche Investitionen sind oft ohne großen Kostenaufwand möglich und amortisieren sich folglich schnell.

Check 2:  Effiziente Strömungsverhältnisse

Ist Ihre Anlage strömungstechnisch derart optimiert, dass sowohl Lüfter als auch Kanalsystem der Luftströmung einen geringstmöglichen Widerstand entgegenbringen?

Für eine erste Prüfung genügt ein Blick auf Ihr Luftkanalsystem: Befinden sich hier enge Winkel und viele Knicke, was auf hohe Widerstände schließen lässt? Oder (besser) weite Bögen und hauptsächlich gerade Rohrführungen? Auch ein großer Rohrdurchmesser ist für eine hohe Effizienz unabdingbar. Die Luft sollte sich möglichst langsam und frei im Leitungsnetz fortbewegen.

Die Installation eines neuen Rohrleitungssystems ist deutlich kostenintensiver als der Einbau einer Steuerung. Oft rentiert sich diese Investition trotzdem, vor allem, wenn das Leitungsnetz bereits renovierungsbedürftig ist.

Check 3: Allgemeiner Stand der Technik

Genügt die verbaute Technik den Anforderungen moderner Betriebsführung?

Provisorien halten am längsten – dies ist leider auch oft in der betrieblichen Anlagentechnik zu beobachten. Da wird auf kurzfristige Anforderungen oft schnell reagiert, indem das verbaut wird, was noch irgendwo in der Technikwerkstatt gefunden wurde oder schnell beschafft werden konnte, immer mit dem festen Willen, dass das ja später noch „richtig gemacht“ werden kann. Nehmen Sie sich diese alten Sünden jetzt vor und tauschen Sie minderwertige technische Lösungen durch modernere Lösungen aus.

Check 4: Wärmerückgewinnung

Nutz Ihre Lüftungsanlage die Abwärme der verbrauchten Luft oder sogar andere Abwärmequellen, um die Frischluft zu temperieren?

Falls nein, haben Sie hiermit den größten Energieverbraucher identifiziert. Eine Wärmerückgewinnung nutzt den Temperaturunterschied zwischen der angesaugten Außenluft und der aus dem Gebäude entnommenen Abluft, um die Außenluft aufzuheizen. Vor allem im Winter lässt sich so bis zu 70 % der eingesetzten Heizenergie einsparen. Und die Umsetzung ist denkbar einfach, z. B. durch den Einbau eines Wärmetauschers in die RLT-Anlage.

Auch die Kosten für einen Wärmetauscher amortisieren sich aufgrund der hohen Energieeinsparung schnell, vor allem wenn die eingesetzten Wärmeenergieträger der aktuell hohen Teuerung unterliegen, wie dies bei Heizöl, Gas oder Strom der Fall ist.

Hilfreich ist auch eine Analyse, wie hoch der Energieverbrauch Ihrer RLT-Anlage ist und wie groß sich dieser Anteil am Gesamtverbrauch Ihres Betriebs darstellt. Wenn der Anteil 3 % überschreitet, empfehlen wir die Einbeziehung eines Spezialisten zur Anlagenoptimierung. Er kann Sie dann auch dazu beraten, welche staatlichen Zuschüsse Sie für die Sanierung beantragen können, z. B. als nicht rückzahlbare Tilgungszuschüsse aus dem BAFA-Förderprogramm „Querschnittstechnologien“. Sollten Sie bei Ihrer Anlagenprüfung feststellen, dass Ihre Anlage ineffizient ist und kaum sinnvoll auf einen modernen Stand gebracht werden kann, ist eine Neuinstallation fällig. Bevor Sie diese aber angehen, lohnt sich oft die Beantwortung der zweiten Frage:

Ist eine moderne RLT-Anlage sinnvoll für Ihren Betrieb?

Denn in vielen Unternehmen haben Neuanschaffungen betrieblicher Anlagen, Verbesserungen im Betriebsablauf oder an der Gebäudesubstanz im Lauf der Jahre die Lüftungsanlage überflüssig gemacht. dann reicht vielleicht die Lüftung durch die Fenster aus.

Prüfen Sie in solchen Fällen, ob die Argumente für eine RLT-Anlage die Investition rechtfertigen:

  • Können Sie die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung und der Technischen Regel für Arbeitsstätten (vor allem Abschnitt A3.5 „Raumtemperatur“) auch ohne RLT-Anlage einhalten?
  • Wie steht es um das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit Ihrer Beschäftigten? Ist die im Sommer gefühlt höher als in der stickigen Heizungsluft im Winter? Zu feuchte oder zu trockene Luft, zu hohe Temperaturen oder ein zu geringer Sauerstoffanteil führen in der Regel zu einer verminderten Konzentrationsfähigkeit und können sogar gesundheitliche Beschwerden hervorrufen.
  • Ist eine RLT-Anlage aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll? Diese Frage kann nur über eine detaillierte Kostenrechnung beantwortet werden, die auch schwer messbare Energieverluste z. B. durch geöffnete Fenster berücksichtigt. Als Faustformel gilt hier, dass bei korrekter Lüftung eines Großraumbüros, die für genügend Luftaustausch sorgt und Schimmelbildung verhindert, ca. 50  % der Wärmeenergie durch die geöffneten Fenster verloren gehen. In Bereichen, in denen pro Person mehr als 100 m³ zur Verfügung stehen (z. B. Lager, Produktion), sind es immer noch ca. 12 % Wärmeverlust durch korrektes Lüften.

Die Wirtschaftlichkeit einer RLT-Anlage kann über einen so geschätzten Wärmeenergieverlust berechnet werden.