Navigation

Foto: © romaset | Adobe Stock

Prüfung elektrischer Anlagen: Selbst warten oder externe Dienstleister nutzen?

  • 15.03.2023
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 7 Min.

Elektrische Systeme sind in jedem Betrieb vorhanden und notwendig. Damit daraus niemals Gefahren resultieren, sind regelmäßige Prüfungs- und Wartungsarbeiten nötig. Bloß: Wer kann und sollte diese durchführen?

Elektrischer Strom. Auf physikalischer Ebene nicht mehr als sich in elektrisch leitfähiger Materie bewegende Elektronen oder andere Ladungsträger – wahlweise nur in eine Richtung bei Gleichstrom (DC, Direct Current) oder ihre Bewegungsrichtung ständig ändernd bei Wechselstrom (AC, Alternating Current).

Doch so simpel beide Grundprinzipien sein mögen, so bedeutsam sind sie in einem betrieblichen Umfeld. Elektrischer Strom ist hier eine unverzichtbare Art von Energie. Wichtig nicht nur für die Beleuchtung, sondern den Antrieb von Maschinen und Geräten und nicht zuletzt ebenso bedeutend für sämtliche Prozesse in digitalen Systemen – letzten Endes ist jede Funktion innerhalb von Prozessoren und ähnlichen Bausteinen ebenfalls nur eine präzise Abfolge elektrischer An- und Aus-Signale.

Solange in derartigen elektrischen Systemen alles korrekt vonstattengeht, bestehen weder Sicherheitsrisiken noch anderweitige Gefahren durch Fehlfunktionen. Treten jedoch solche Fehler auf, so können sie schwerste Schäden an Menschen und Technik verursachen.

Um das maximal unwahrscheinlich zu machen, sind an betrieblichen elektrischen Anlagen sowohl regelmäßige Sicherheitsprüfungen vorgeschrieben als auch mitunter ähnlich gelagerte Wartungsarbeiten. Wer diese durchführen darf, hängt von seiner Befähigung ab. Lesen Sie jetzt alles, was Sie zu diesem komplexen Thema wissen müssen.

© Naparat | Adobe Stock

Elektrische Anlagensicherheit: Kurzüberblick über die Risiken im Schadfall

Wie wichtig derartige Prüfungen sind, zeigen die Zahlen. Allein im Bereich der BG ETEM (Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse) kam es 2021 zu 3.561 gemeldeten Stromunfällen, von denen 548 meldepflichtig waren – und sechs Menschenleben forderten. Im Jahr 2019 kam es deutschlandweit sogar zu insgesamt 32 Todesfällen, von denen sieben auf Industrie und Gewerbe entfielen.

Aus Sicht der Betriebssicherheit bestehen durch elektrischen Strom drei unterschiedliche Arten von Gefahren:

  1. Durchströmungsunfälle oder elektrische Schläge, wenn Strom einen menschlichen Körper durchfließt. Das kann unter anderem zu Verbrennungen und Herzrhythmusstörungen führen.
  2. Lichtbogenverbrennungen an lebender oder toter Materie.
    1. Sekundärunfälle. Sie entstehen durch Schreck- und Verkrampfungsreaktionen auf einen Durchströmungsunfall oder eine Lichtbogenverbrennung. Etwa Herabstürzen von Leitern.
  3. Kurzschlussbrände, die entstehen, wenn durch Schäden oder Überlastungen zu hohe Temperaturen entstehen. Hierdurch können sogar Großbrände ausgelöst werden.

Dabei lassen sich drei maßgebliche Auslöser für diese Gefahren ausmachen: Unzulässiges Überwinden von Sicherheitsmaßnahmen, menschliches und technisches Versagen an anderer Stelle (etwa Unfälle mit anderen Betriebsmitteln) sowie verschiedenartige Schäden an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln. Sicherheitsüberprüfungen zielen vor allem darauf ab, erst- und letztgenannte Gründe zu vermeiden.

Elektrosicherheit: Die wichtigsten Vorgaben

Bezogen auf lange Zeitenreihen sind die Zahlen von betrieblichen Elektrounfällen stark zurückgegangen. Maßgeblich dafür verantwortlich sind verschiedene (Prüfungs-)Vorgaben, die immer weiter ausgebaut und verschärft wurden. Die wichtigsten hiervon:

Unter anderem ergeht aus diesen Vorgaben nicht nur eine klare Verpflichtung zu wiederkehrenden Prüfungen und Wartungen von allen elektrischen Systemen zwischen Schreibtischleuchte und betrieblichem Umspannwerk, sondern ebenso eine Konkretisierung der dafür geeigneten Personen. Hierzu ist speziell die DIN VDE 1000-10 Anforderungen an die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen zu nennen.

Wichtigste Vorgaben für personelle Qualifikation

Die Vorgaben und Normen mögen äußerst detailliert und vielfach laiengerecht aufbereitet sein. Was sowohl die Prüfungen als auch mögliche Wartungsarbeiten an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln anbelangt, gibt es in Deutschland nur einen sehr eingeschränkten Personenkreis, der diese Arbeiten durchführen kann. Diese Menschen stehen im Mittelpunkt einer jederzeit korrekten, normgerechten Durchführung der Arbeiten.

  • Elektrofachkraft nach DIN VDE 1000-10: „Elektrofachkraft ist, wer aufgrund seiner fachlichen Ausbildung, Kenntnisse und Erfahrungen sowie Kenntnis der einschlägigen Normen die ihm übertragenen Arbeiten beurteilen und mögliche Gefahren erkennen kann. Zur Beurteilung der fachlichen Ausbildung kann auch eine mehrjährige Tätigkeit auf dem betreffenden Arbeitsgebiet herangezogen werden.
    Hierzu zählen hauptsächlich Facharbeiter (= abgeschlossene Berufsausbildung), staatlich geprüfte Techniker, Meister in Industrie und Handwerk sowie Diplom-Ingenieure, Bachelors und Master – jeweils in den einschlägigen Fachrichtungen ausgebildet.
    • Darf elektrische Anlagen und Betriebsmittel prüfen, warten, errichten und ändern.
  • Verantwortliche Elektrofachkraft: Techniker, Meister und Ingenieure, die untergeordnete Elektrofachkräfte überwachen und deren Arbeit verantworten.
    • Darf elektrische Anlagen und Betriebsmittel planen, prüfen, warten, errichten und ändern.
  • Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten: Berufsausgebildete Personen aus Berufen außerhalb der Elektrotechnik, die durch eine spezielle Ausbildung inklusive Prüfung vor einer Elektrofachkraft ihr Zusatzwissen erworben und nachgewiesen haben.
    • Darf im Rahmen der Ausbildung vermittelte gleichartige, wiederholende Arbeiten übernehmen.
  • Befähigte Person: Für die jeweiligen Prüfungen durch einschlägige Berufsausbildung und mindestens einjährige Berufserfahrung befähigte Personen unterhalb von Elektrofachkräften (siehe TRBS 1203).
    • Darf Ist-Zustände elektrischer Betriebsmittel ermitteln und diese mit Soll-Zuständen vergleichen.
  • Elektrotechnisch unterwiesene Person: Menschen, die von einer Elektrofachkraft angelernt wurden, aber stets nur unter ständiger Aufsicht und Anleitung dieser handeln dürfen.
    • Darf an Betriebsmitteln Sichtkontrollen durchführen sowie unter Anleitung durch Elektrofachkräfte Fehlersuchen durchführen sowie diese Personen bei Arbeiten unterstützen.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist der genaue Wortlaut der DGUV Vorschrift 3:

„Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfungen obliegt einer Elektrofachkraft.“

Das heißt, es ist durchaus möglich, bei Wiederholungsprüfungen elektrotechnisch unterwiesene Personen oder ähnliches Personal einzusetzen. Jedoch muss das unter ständiger Aufsicht durch eine Elektrofachkraft geschehen.

Prüfungen und Wartungen selbst durchführen: Pro und Contra

Jeder Unternehmer dürfte den wohl zweifellos stärksten Vorteil dieser Herangehensweise kennen – gerade unter dem Aspekt des heutigen Fachkräftemangels im Handwerk: Eigene Elektrofachkräfte im Betrieb zu haben, bedeutet ein maximal flexibles Vorgehen. Alle Arbeiten können im Höchstmaß an die eigenen betrieblichen Belange und Notwendigkeiten angepasst werden. Sie unterliegen nicht den Möglichkeiten des Terminkalenders betriebsfremder Dienstleister.

Dieser Vorteil muss nicht zuletzt unter dem Eindruck von Reparaturen betrachtet werden: Werden bei Prüfungen Schäden aufgedeckt, können diese durch internes Fachpersonal sofort behoben werden. Nicht zuletzt haben solche Personen Kenntnisse der gesamten elektrischen Systeme des Hauses, schließlich sind diese ja ihr primäres Arbeitsumfeld.

Last, but not least, (jedoch häufig in der Bedeutung unterschätzt) können Inhouse-Fachkräfte ständig proaktive Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten betreiben. Dadurch sind Prüfungen weitestgehend frei von möglichen „Überraschungspotenzialen“. Weiter ist sowohl das generelle Risiko für Ausfälle stark vermindert wie sich der allgemeine Zustand aller elektrischen Betriebsmittel maßgeblich verbessert.

Die Schwierigkeit besteht in der Wirtschaftlichkeit einer eigenen Elektrofachkraft. Selbst, wenn eine solche Person nicht nur in den vorgeschriebenen Intervallen prüft, sondern tagtäglich kontrolliert, wartet und stets für Reparaturen bereitsteht, rentiert sie sich meist nur in größeren Betrieben mit entsprechender Notwendigkeit. In vielen anderen Firmen gibt es nicht genügend Tätigkeiten, um selbst eine in Teilzeit beschäftigte Elektrofachkraft kostendeckend einzusetzen – insbesondere Häuser ohne große technische Ausrichtung.

© andrew_shots | Adobe Stock

Prüfungen und Wartungen outsourcen: Pro und Contra

Das Outsourcen von betrieblichen Aufgaben hat stets den gleichen Vorteil: Das eigene Unternehmen muss nur für die tatsächlich geleistete Arbeit zahlen. Nicht zuletzt, wenn es im Betrieb Personal gibt, das als elektrotechnisch unterwiesene Personen nötige Vorarbeiten und Hilfestellungen erledigen kann, dürfte es keine Option geben, die, bezogen auf die jeweiligen Arbeiten, noch günstiger ist.

Gerade für eher kaufmännisch ausgerichtete Betriebe, in denen es keine umfassenden elektrischen Anlagen gibt, sondern wenig bis nichts, das über eine übliche elektrische Gebäudeinstallation herausgeht, gibt es an dieser Vorgehensweise auch nichts auszusetzen.

Allerdings existiert eine scharfe Trennlinie zwischen verschiedenen Firmen, hinter denen diese Vorgehensweise ein „Sparen an der falschen Stelle“ sein kann. Je mehr sich ein Unternehmen auf komplexere elektrische Anlagen stützt, desto stärker wirkt sich hier das Fehlen einer im vorherigen Kapitel angesprochenen proaktiven Wartung aus.

Dadurch sinkt erfahrungsgemäß der allgemeine Zustand des elektrischen Gesamtsystems. Nicht nur schlägt sich das in meist längeren Listen für Reparaturen nach den wiederkehrenden Prüfungen nieder. Es steigert ebenso die Gefahr für ungeplant auftretende Schäden und davon möglicherweise sogar ausgelöste Betriebsun- und -ausfälle.

Plus: Externe Elektrofachkräfte kennen sich als betriebsfremde Personen häufig nicht mit der spezifischen Gesamtinstallation aus. Arbeiten dauern deshalb oftmals länger. Nicht zuletzt besteht bei jeder Form von Auftrag die Notwendigkeit, sich nach dem Terminkalender dieser externen Unternehmen zu richten – selbst dort, wo längerfristige Wartungsaufträge bestehen, kann dieses Risiko nicht gänzlich eliminiert werden.

Zur Erfüllung der Prüf- und Wartungspflichten gibt es keine Alternative. Jedoch sollte jeder Unternehmer sehr genau die Notwendigkeiten seines eigenen Hauses analysieren und keineswegs nur auf die kurzfristig nach Zahlen günstigste Lösung schauen. Manchmal kann es die mittel- bis langfristig deutlich günstigere Herangehensweise sein, mehr Personalkosten zu haben, dafür jedoch ein insgesamt besser gewartetes und dadurch weit weniger fehleranfälliges elektrisches Gesamtsystem.