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Werkzeugmaschinen
Foto: © Pop Tika - Shutterstock

Diese 4 Betriebsarten von Maschinen gibt es

  • 04.02.2022
  • Sabine Kurz
  • 3 Min.

Automatische, elektronisch gesteuerte Werkzeugmaschinen erlauben effiziente Abläufe etwa in der Produktion, bergen aber auch grundsätzliche Risiken für das Bedienpersonal. Zusatzeinrichtungen – Werkzeug oder Palettenwechsler, Späneförderer oder Kühlmitteleinrichtungen, die ebenfalls von den Maschinensteuerungen koordiniert werden, erhöhen die Gefährdungen zumindest potenziell. In den Normen DIN EN 12417:200907 „Werkzeugmaschinen – Sicherheit – Bearbeitungszentren“ und der DIN EN 13128: 200909 „Sicherheit von Werkzeugmaschinen – Fräs und Bohrfräsmaschinen“ werden verschiedene Betriebsarten für solche Werkzeugmaschinen definiert, um die Sicherheit des Personals zu erhöhen. Wir geben Ihnen einen Überblick.

Häufig müssen Maschinen neu eingerichtet werden, etwa wenn unterschiedliche Werkstücke bearbeitet oder immer wieder neue Produkte gefertigt werden. Herstellungsbedingt bieten Maschinen dem Einrichter oft zu wenige Möglichkeiten, spezielle Betriebsarten wie beispielsweise den Einrichtvorgang sicher durchzuführen. Aus Unfalluntersuchungen aber weiß man seit langem, dass solche Mängel Benutzer dazu verleiten, nicht geeignete Betriebsarten zu wählen.

Außerdem werden Schutzeinrichtungen oft so manipuliert, dass die erforderlichen Prozesse ungestört ablaufen, die Sicherheit des Bedienpersonals aber gefährdet ist.

Dank der neuen Normen sind Hersteller nun explizit verpflichtet, mehrere sichere Betriebsarten für die Maschinen zu definieren, die sie auf den Markt bringen.

Betriebsart 1: Automatikbetrieb

Im Automatikbetrieb stehen alle Funktionen einer Maschine zur Verfügung, wodurch der jeweilige Bediener potenziell gefährdet ist. Deshalb gelten in dieser Betriebsart mindestens diese Sicherheitsmaßnahmen:

  • Trennende Schutzeinrichtungen oder wirksame nicht trennende Schutzeinrichtungen müssen ein Betreten des Bearbeitungsraumes verhindern.
  • Türen, die in den Bearbeitungsraum führen, müssen mit Schutzschaltern so verriegelt sein, dass sie nicht geöffnet werden können.
  • Erst nach Abschalten des Automatikbetriebs dürfen die Türen geöffnet und der Bearbeitungsraum betreten werden.
  • Nach dem Schließen der Tür kann der Automatikbetrieb wieder gestartet werden.

Betriebsart 2: Einrichtbetrieb

Für den Automatikbetrieb müssen Maschinen im Einrichtbetrieb vorbereitet werden. Dabei müssen Schutzeinrichtungen oft geöffnet sein. Alle für das Einrichten nicht erforderlichen Bewegungen müssen dagegen sicher stillgesetzt sein. Um einschlägige Tätigkeiten sicher durchführen zu können, ist eine Zustimmungseinrichtung erforderlich.

Zwar sind die Maschinenfunktionen in dieser Betriebsart gegenüber dem Automatikbetrieb deutlich beschränkt, dennoch müssen Maschinenfahrer speziell für den Einrichtbetrieb geschult sein. In der Regel muss an der Maschine über einen Schlüsselschalter der Einrichtbetrieb angewählt werden können. Außerdem gilt u. a.:

  • Die Geschwindigkeit aller Achsen darf im Einrichtbetrieb nicht über 2 m pro Minute betragen; die Bewegungen müssen über Handrad oder Tippbetrieb betätigt werden.
  • Beim Loslassen eines Bedienelements müssen die Antriebe sofort abgeschaltet werden.
  • Die Spindeldrehzahlen sind im Einrichtbetrieb ebenfalls eingeschränkt. Die Spindel muss nach Loslassen des Zustimmtasters innerhalb von zwei Umdrehungen stehen.

Betriebsart 3: Prozessbeobachtung in der Fertigung

Bei manchen Arbeiten bzw. Arbeitsverfahren ist es erforderlich, unter eingeschränkten Betriebsbedingungen manuell in den Prozess einzugreifen. Betriebsart 3 dient z. B. der Bearbeitung eines komplexen Einzelwerkstückes oder wenn Bereiche des Werkstückes nicht einsehbar sind. Anders als im Automatikbetrieb muss der Benutzer dabei den Bearbeitungsprozess bei geöffneten trennenden Schutzeinrichtungen (Türen) beobachten und steuern können.

Um dennoch gefahrlos arbeiten zu können, muss der Bediener eine „ersatzweise wirksame Sicherheitseinrichtung“ in Form eines Handbediengeräes oder eines schwenkbaren Bedienpanels mit in den Arbeitsraum nehmen. Damit kann er die Maschine im Notfall schnell außer Betrieb setzen. Grundsätzlich gilt:

  • Alle Bediengeräte müssen außer einem Not-Halt-Taster auch eine Zustimmtaste haben.
  • Beim Loslassen dieser Zustimmtaste werden sofort alle Bewegungen der Maschine gestoppt.
  • Die Drehbewegung der Spindel muss dabei innerhalb von fünf Umdrehungen zum Stillstand gekommen sein. Die Geschwindigkeiten einzelner oder mehrerer Achsen dürfen maximal 5 m/min betragen.

Betriebsart 4: Prozessbeobachtung in der Fertigung ohne Zustimmeinrichtung

Die Europanorm sieht die Betriebsart 4 nicht vor. Diese darf nur angewendet werden, wenn besondere fertigungstechnische Gründe vorliegen, etwa wenn Einzelstücke gefertigt werden, bei denen es dem Bediener nicht möglich ist, ständig die Zustimmtaste zu betätigen.

Auch in Fällen, in denen beim Abbruch der Werkstückbearbeitung ein erheblicher, irreparabler Schaden am Werkstück oder an der Maschine entstehen könnte, oder bei Hinterschneidungen bzw. beim Suchen eines Nullpunktes an komplexen Werkstücken können erhöhte Anforderungen an die Prozessbeobachtung vorliegen.

Ein Hersteller, der diese Betriebsart an einer neuen Werkzeugmaschine zur Verfügung stellt, muss sicherheitstechnische Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln mit dem Betreiber klären und sich dieses in schriftlicher Form bestätigen lassen.