Asbest ist ein krebserzeugender Gefahrstoff, mit dem Sie nicht nur am Arbeitsplatz rechnen sollten. In vielen Altbauten schlummert das einstige Wundermittel und wird beim Umbau- oder Abrissarbeiten zur totbringenden Gefahr. Daher sollte jeder wissen, wo die Asbestgefahr am größten ist und wie die Gesundheitsgefährdungen bei entsprechenden Tätigkeiten richtig minimiert werden können.
Darum ist Asbest so gefährlich
Asbest ist die Bezeichnung für eine Gruppe von mineralischen Fasern, die in bestimmten Gesteinen vorkommen. Es ist ein sehr beständiger Werkstoff mit einer fasrigen Struktur. Asbestfasern weisen eine kristalline Struktur auf. Werden sie mechanisch bearbeitet, spalten sie sich der Länge nach in immer feinere Fäserchen auf. Diese feinen Fasern können sich in der Luft weiträumig verteilen. Einmal eingeatmet, werden sie vom menschlichen Organismus kaum mehr abgebaut oder ausgeschieden, sondern verharren im Atemtrakt.
Sie können verschiedene Krankheiten verursachen wie Asbeststaublunge, Lungenkrebs oder Brustfellkrebs. Bei allen asbestbedingten Krankheiten dauert es lange, bis die Krankheit ausbricht. Zwischen dem ersten Einatmen der Asbestfasern und dem Ausbruch der Krebserkrankung können 15 bis 45 Jahre vergehen. Das Erkrankungsrisiko steigt mit der Dauer und Intensität der Belastung, das heißt mit der Asbeststaubkonzentration in der Luft.
Wo Sie mit Asbest rechnen müssen
Der krebserzeugende Wunderbaustoff wurde 1993 verboten. Viele Handwerker haben auch danach asbesthaltige Bauprodukte aus Lagerbeständen verarbeitet. Daher sollte bei Gebäuden mit einem Baujahr vor 1995 grundsätzlich von einem Asbestverdacht ausgegangen werden. Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, müssen Sie davon ausgehen, dass Asbest in Bauprodukten eingesetzt wurde.

Asbestverdächtig sind:
- Gipskarton-Leichtbauwände und Gipskartondecken, auch Akustik-Lochdecken: asbesthaltige Spachtelmassen (insbesondere als lineare Fugenfüller und als punktueller oder flächiger Glättspachtel)
- Spanplattenwände und Fertigfußböden aus Spanplatten: Spachtelmassen als Glättspachtel
- Rabitz- und Strohputzwände, Decken und Vorsatzschalen: Spachtelmassen als Glättspachtel
- Dünnbettkleber von Wand-, Boden- und Deckenfliesen
- Putze und Dekorputze an Wänden, Stützen und Decken
- Verputze von Schlitzen und Unterputzdosen der Elektrogewerke
- Spanplattenwände und Fertigfußböden aus Span-, Wand und Deckenflächen, die Spachtel und Reparaturmassen (flächig oder punktuell) aufweisen (z. B. Verputze von Schlitzen und Unterputzdosen der Elektrogewerke)
Arbeitsschutz bei Asbest: Der richtige Maßnahmenplan in 5 Schritten
Über 26.000 Personen, die in in der gewerblichen Wirtschaft beschäftigt waren, starben zwischen 1994 und 2012 an den Folgen von Asbest. Ende 2012 waren immer noch 89.000 Beschäftigte in Deutschland in der ein oder anderen Form mit Asbestprodukten in Kontakt.
Da die Erkrankungen in der Regel erst Jahrzehnte nach der Einwirkung auftreten, werden die Erkrankungsrate und die Zahl asbestbedingter Todesfälle ihren Höhepunkt voraussichtlich erst in den nächsten Jahren erreichen. Daher ist es wichtig, dass Sie bei allen Tätigkeiten, bei denen ein Asbestverdacht besteht, systematisch vorgehen. Ein konkreter Maßnahmenplan sorgt dabei für eine erhöhte Sicherheit. So bereiten Sie in 5 Schritten Ihre Arbeiten mit Asbest vor:
1. Schritt: Sammeln Sie Informationen
Ermitteln Sie vor Arbeitsbeginn, ob Arbeiten mit asbesthaltigen Gefahrstoffen zu erledigen sind oder solche Stoffe bei den geplanten Tätigkeiten freigesetzt werden können. Sie müssen insbesondere prüfen, ob Asbest in schwach gebundener Form vorliegt. Eine Abgrenzung von Verdachtsflächen bzw. Unterscheidung eventuell asbesthaltiger von nicht asbesthaltigen Flächen ist ohne weitere Laboranalysen in den meisten Fällen nicht möglich. Liegen Ihnen hierzu keine Angaben vor, müssen Sie gegebenenfalls Materialproben in einem Labor für Baustoffanalysen untersuchen lassen.
Diese Informationen brauchen Sie zur Gefährdungsbeurteilung:
- Art und Bezeichnung der vorhandenen asbesthaltigen Produkte sowie
- deren mechanischer Zustand und ggf. relevante Kontaminationen.
Mein Hinweis: Eine schwache Asbestfaserbindung liegt vor allem im Spritzasbest und anderen Produkten, wie beispielsweise Leichtbauplatten, Asbestpappen, Dichtungsschnüre usw., die für die Bereiche Brandschutz, Schallschutz sowie Wärme- und Feuchtigkeitsschutz eingesetzt wurden, vor. Insbesondere bei Produkten mit schwacher Faserbindung besteht eine erhöhte Gefahr der Freisetzung von Asbestfasern. Eine feste Asbestfaserbindung liegt insbesondere in Asbestzementprodukten, die z. B. als ebene und profilierte Platten oder als Rohre in großem Umfang verbaut wurden, vor.
2. Schritt: Beurteilen Sie die Gefährdung
Führen Sie die Gefährdungsbeurteilung für jede Tätigkeit mit Asbest durch. Dabei haben Sie die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
- Ausmaß und Dauer der inhalativen Exposition,
- Arbeitsbedingungen und Verfahren einschließlich der Arbeitsmittel und der Menge des Asbestproduktes,
- erforderliche Schutzmaßnahmen,
- Festlegungen zur Wirksamkeitsprüfung der getroffenen Schutzmaßnahmen.
Beziehen Sie in Ihre Gefährdungsbeurteilung nicht nur die Mitarbeiter ein, die unmittelbar Tätigkeiten mit asbesthaltigen Gefahrstoffen durchführen. Berücksichtigen Sie auch Ihre Kollegen oder andere Personen, soweit eine Gesundheitsgefährdung möglich und deren Aufenthalt im Gefährdungsbereich notwendig ist.
Ebenfalls wichtig: Dokumentieren Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung. Geben Sie in der Dokumentation auch die Schutzmaßnahmen an. Aktualisieren Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung bei jeder maßgeblichen Veränderung. Am besten erstellen Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung gemeinsam mit dem Arbeitsplan.
Schritt 3: Entwickeln Sie einen Arbeitsplan
Bevor Sie mit Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit Asbest und der Abfallbeseitigung beginnen, haben Sie einen Arbeitsplan aufzustellen. Berücksichtigen Sie bei der Erstellung dieses Plans auch die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung.
Aus Ihrem Arbeitsplan muss Folgendes hervorgehen:
- Vorgehensweise und Arbeitstechniken bei der Entfernung von Asbest und asbesthaltigen Materialien sowie Einrichtungen zum Schutz und zur Dekontamination der Beschäftigten und anderer Personen, die im Gefahrenbereich tätig sind,
- Angaben zur Persönlichen Schutzausrüstung,
- Informationen zur Freigabe des Arbeitsbereichs nach Abschluss der Arbeiten,
- Angaben zur Abfallbehandlung und -bereitstellung zur Abholung an der Arbeitsstätte.
Denken Sie daran, den Arbeitsplan bei wesentlichen Änderungen zu aktualisieren.
Schritt 4: Erstellen Sie eine Betriebsanweisung zu Asbest
Erstellen Sie auf der Basis Ihrer Gefährdungsbeurteilung eine arbeitsplatzbezogene schriftliche Betriebsanweisung.
Tragen Sie in Ihre Betriebsanweisung mindestens diese Informationen ein:
- Angaben über die am Arbeitsplatz auftretenden asbesthaltigen Gefahrstoffe sowie die Gesundheitsgefährdungen,
- Hinweise über angemessene Vorsichtsmaßregeln und Maßnahmen, die der Beschäftigte zu seinem eigenen Schutz und zum Schutz der anderen Beschäftigten am Arbeitsplatz durchzuführen hat. Dazu gehören insbesondere a) Hygienemaßnahmen, b) Informationen über expositionsmindernde Maßnahmen, c) Informationen zum Tragen und Benutzen von Schutzausrüstungen und Schutzkleidung.
- Maßnahmen bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen und zur Ersten Hilfe,
- Informationen über die sachgerechte Behandlung und Beseitigung entstehender Asbestabfälle.
Hängen Sie Ihre Betriebsanweisung am Arbeitsplatz aus. So stellen Sie sicher, dass jeder Mitarbeiter Zugang zu dieser Information hat.
Download-Hinweis: Ein Formblatt für die Gefährdungsbeurteilung und ein Muster für eine Betriebsanweisung zum Entfernen von Fassadenplatten können Sie kostenlos von unserer Internetseite www.gefahrstoffe-aktuell.com abrufen.
Schritt 5: Unterweisen Sie Ihre Mitarbeiter
Anhand Ihrer Betriebsanweisung haben Sie Ihre Mitarbeiter über auftretende Gefährdungen und entsprechende Schutzmaßnahmen mündlich zu unterweisen. Sie haben diese Unterweisung vor Beginn der Arbeiten durchzuführen. Wiederholen Sie die Unterweisung danach mindestens jährlich. Bei umfangreichen Arbeiten, wie beispielsweise dem Entfernen von schwach gebundenen Asbestprodukten an Dachbindern, Wänden und Decken, haben Sie Ihre Kollegen zusätzlich objektbezogen hinsichtlich der Gefährdungen und Schutzmaßnahmen einzuweisen.
Sprechen Sie bei der Unterweisung insbesondere die folgenden 7 Punkte an:
- Die Eigenschaften von Asbest und dessen Wirkungen auf die Gesundheit einschließlich der verstärkenden Wirkung des Rauchens, ggf. ist Ihr Betriebsarzt zu beteiligen.
- Weisen Sie auf gewerkspezifische asbesthaltige Materialien hin.
- Nennen Sie Tätigkeiten, bei denen eine Asbestexposition auftreten kann. Informieren Sie auch über die Bedeutung von Maßnahmen zur Expositionsminderung wie beispielsweise staubarme Arbeitsmethoden.
- Unterrichten Sie Ihre Kollegen über die sachgerechte Anwendung sicherer Arbeitsverfahren und Persönlicher Schutzausrüstungen.
- Erklären Sie Maßnahmen bei etwaigen Störungen des Betriebsablaufes.
- Geben Sie an, wie Abfall sachgerecht zu entsorgen ist.
- Unterrichten Sie über die Möglichkeiten der arbeitsmedizinischen Vorsorge.
Schreiben Sie genau auf, wann Sie die Unterweisung durchgeführt und worüber Sie Ihre Kollegen informiert haben. Lassen Sie sich anschließend dieses Protokoll von den Unterwiesenen gegenzeichnen. Diese Dokumentation haben Sie mindestens bis zur nächsten Unterweisung aufzubewahren.
Download-Hinweis: Beginnen Sie mit Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) erst, wenn sichergestellt ist, dass Ihre personelle und sicherheitstechnische Ausstattung für diese Arbeiten geeignet ist. Eine ausreichende personelle Ausstattung ist vorhanden, wenn Sie sachkundige Personen beschäftigen. Sie können die Sachkunde durch die Teilnahme an einem Lehrgang gemäß TRGS 519 erwerben. Einen Kursanbieter in Ihrer Nähe können Sie unter http://wis.ihk.de und dort unter „Seminarsuche“ ermitteln. Dort erfahren Sie auch, was die Teilnahme an dem Seminar kostet und wann der nächste Kurs beginnt. Die TRGS 519 können Sie unter www.gefahrstoffe-aktuell.com abrufen.
Autor: Gabriele Janssen
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Checkliste: Asbesthaltige Schaltgertätekombinationen Ausbauen (DOCX)