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Fremdfirmen
Foto: © Thai Breeze - Shutterstock

Unterweisung von Fremdfirmen: 10 Schritte für Arbeitssicherheit

  • 08.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 5 Min.

„Was habe ich mit den Mitarbeitern der Fremdfirma zu tun? Sei es der Dachdecker oder die Reinigungsfirma, die auf meinem Gelände unterwegs ist.“ So oder so ähnlich sind ganz oft die Reaktionen von angesprochenen Führungskräften oder Unternehmern, wenn sie auf Szenen wie diese hier angesprochen werden. Fremdfirmen und deren Arbeiten sind jedoch für Führungskräfte relevant!

Fremdfirmen
  1. Der Mitarbeiter der Reinigungsfirma hat die Arbeitsbühne auf einem nicht dafür vorgesehenen Weg verlassen und ist auf das Dach umgestiegen. Das ist verboten!
  2. Das Dach hat keine Absturzsicherung in Form einer Attika oder eines Geländers mit einer Höhe von mindestens 1 m. Es besteht also Absturzgefahr, weil er sich auf weniger als 2 m Abstand der Dachkante genähert hat.
  3. Das Glasdach ist nicht durchsturzsicher und nicht zum Betreten freigegeben.
  4. Der Mitarbeiter trägt keine Absturzsicherung!

Fällt dieser Mitarbeiter vom Dach, hat nicht nur sein Chef ein Problem, sondern auch sein Auftraggeber.

Auftraggeber von Fremdfirmen mit Arbeitsschutzpflichten

Beim Einsatz von Fremdfirmen obliegen die Arbeitsschutzpflichten nicht allein dem Auftragnehmer. Auch der Auftraggeber hat Pflichten zu erfüllen. Grundlage dafür ist neben dem Arbeitsschutzgesetz (§ 8) auch die Unfallverhütungsvorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ (DGUV- Vorschrift 1).

Denn nach § 5 hat der Unternehmer bei der Erteilung von Aufträgen den Fremdunternehmer zur Einhaltung der  Arbeitsschutzvorschriften anzuhalten. Außerdem hat er ihn bei der Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf die betriebsspezifischen Gefahren zu unterstützen. Hinzu kommt, dass sich der Auftraggeber und das Fremdunternehmen über die Aufsicht bei besonders gefährlichen Tätigkeiten verständigen müssen.

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Werkvertrag, Dienstvertrag oder Arbeitnehmerüberlassung

Mitarbeiter der Arbeitnehmerüberlassung sind vom Unternehmer genauso zu behandeln wie eigene Mitarbeiter. Besteht ein Werk- oder Dienstvertrag, arbeiten in beiden Fällen die Mitarbeiter eines fremden Arbeitgebers auf Ihrem Gelände zusammen oder neben den Mitarbeitern aus Ihrem Betrieb.

Somit kann es in zweierlei Richtung zu Gefährdungen kommen:

  • Ihre Mitarbeiter werden durch die Tätigkeit des Auftragnehmers gefährdet,
    beispielsweise durch Lärm oder Gefahrstoffe.
  • Die Fremdfirmenmitarbeiter werden durch Ihre Arbeitsprozesse gefährdet, z. B. durchfahrende Flurförderzeuge oder den unmittelbaren Zugang zu Maschinen.

Beides gilt es zu vermeiden. Weder die Beschäftigten Ihres Auftragnehmers dürfen durch Ihre Arbeiten einer Gefahr ausgesetzt werden noch umgekehrt.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens reinigt eine Maschine mit einem brennbaren Reiniger. Nebenan trennt der Mitarbeiter der Fremdfirma mit einer Flex ein Heizungsrohr ab. Durch den Funkenflug entzünden sich die Putzlappen.

Unterweisung: 10 Schritte zum sicheren Arbeiten mit Fremdfirmen

1. Den Auftragsverantwortlichen benennen
Legen Sie fest, wer in Ihrem Betrieb der Verantwortliche für die jeweiligen Arbeiten ist. Er ist der Ansprechpartner der Fremdfirma in Ihrem Unternehmen. Der Auftragnehmer wird bei der Auftragsvergabe angewiesen, sich bei dieser Person an- und abzumelden und die auftragsrelevanten Informationen abzuholen.

2. Den Koordinator bestimmen
Beachten Sie: Es kann nur einen Koordinator geben. Aufgaben des Koordinators können sein:

  • Aufstellen eines Arbeitsablaufplans
  • Festlegen, wer darf/muss wo mit welcher Arbeit unter welchen Voraussetzungen
    innerhalb welcher Zeit arbeiten
  • Definition von Gefahrenbereichen
  • Abstimmung von Sicherheitsmaßnahmen vor Aufnahme der jeweiligen Arbeiten
  • Information an betroffene und ggf. benachbarte Bereiche
  • Festlegung von Maßnahmen für den Störungs-/Notfall
  • Überprüfung der Einhaltung des aufgestellten Arbeitsablaufplans und der Sicherheitsmaßnahmen
  • Bei Bedarf Festlegung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen
  • Information von Auftraggeber und Fremdunternehmer über etwaige Planänderungen
    Eingreifen muss der Koordinator, wenn
  • Sicherheitsbestimmungen und Schutzmaßnahmen missachtet werden,
  • die Mitarbeiter unvorhergesehene Situationen, in denen sie selbst oder Dritte gefährdet werden, nicht allein meistern können,
  • die Fremdfirma ihrer Aufgabenstellung offensichtlich nicht gewachsen ist.

3. Leistungsverzeichnis erstellen
Beabsichtigen Sie, eine Arbeitsaufgabe durch eine Fremdfirma ausführen zu lassen, empfiehlt es sich, schon vor der Auftragsvergabe den Vertragsgegenstand im Werk- oder Dienstvertrag konkret festzulegen und die Leistungen detailliert zu beschreiben. Dazu bietet sich ein Leistungsverzeichnis in Form eines Pflichtenheftes oder einer Zeichnung an.

4. Regeln für Fremdfirmen festlegen
Wenn Sie regelmäßig mit Fremdfirmen arbeiten, empfiehlt es sich, Regeln in Form einer Betriebsordnung aufzustellen. Halten Sie alles fest, was in Ihrem Betrieb für alle gilt, wie Zutrittsverbote oder das Tragen von PSA. Informieren Sie in Ihrer Betriebsordnung auch gleich über die betriebliche Notfallorganisation. Damit stellen Sie sicher, dass Mitarbeiter
von Fremdfirmen immer wissen, wie sie sich etwa bei Feueralarm zu verhalten haben. Legen Sie fest, dass auf Ihrem Gelände nur geprüfte Arbeitsmittel verwendet werden dürfen.

5. Vertrag schließen
Schließen Sie einen Vertrag mit dem Auftragnehmer. Stellen Sie sicher, dass das Leistungsverzeichnis und die Regeln für die Fremdfirmen ein verbindlicher Vertragsbestandteil sind und der Auftragnehmer diese Unterlagen auf jeden Fall erhalten hat. Lassen Sie sich einen verantwortlichen Ansprechpartner des Auftragnehmers schriftlich mit Kontaktdaten nennen. Bestehen Sie auf dessen Anwesenheit während der Arbeiten und einer benannten, anwesenden Vertretung, wenn dieser nicht zugegen ist.

6. Auftragnehmer informieren
Informieren Sie den Auftragnehmer über die betrieblichen Rahmenbedingungen
bezüglich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für den Bereich, in dem er tätig werden soll. Weisen Sie ihn auf besondere Gefahren und Gefahrenschwerpunkte sowie Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln hin. Kurz: Unterweisen Sie die Fremdfirma.

7. Fremdfirmenmitarbeiter kenntlich machen
Sorgen Sie dafür, dass Ihre eigenen Kollegen wissen, wer von einer Fremdfirma stammt. Machen Sie das beispielsweise mit Besucherausweisen oder Warnwesten kenntlich.

8. Dokumentieren Sie alles ausführlich
Finden Abstimmungen zu Arbeitsschutzmaßnahmen und gegenseitigen Gefährdungen statt, empfiehlt es sich, diese zu dokumentieren. Erstellen Sie dafür ein Formular, welches alle Beteiligten unterschreiben.

9. Eigene Mitarbeiter unterweisen
Vergessen Sie nicht, Ihre eigenen Kollegen zu unterweisen. Auch sie müssen wissen, was gerade aktuell ist und worauf sie zu achten haben, insbesondere dann, wenn es zu gegenseitigen Gefährdungen kommen kann und bestimmte, sonst übliche  Verhaltensweisen zu unterlassen sind.

10. Nachbetrachtung oder Feedback
Halten Sie nach einem abgeschlossenen Projekt fest, was gut war und was nicht optimal gelaufen ist. Ermitteln Sie Verbesserungspotenziale. So können Sie den Prozess des Fremdfirmeneinsatzes stets verbessen und vorantreiben.

Fazit: Regeln, Fixieren und Nachhalten
„Der Arbeitgeber muss sich je nach Art der Tätigkeit vergewissern, dass die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben“, so steht es in § 8 Arbeitsschutzgesetz. Das erfordert von Ihnen einen eindeutigen Regelungsbedarf. Ignorieren dürfen Sie das nicht. Wer im Fall eines Unfalls eines Fremdmitarbeiters im Betrieb verantwortlich ist, kann nicht pauschal beantwortet werden.

Denn hier kommt es dann auf die jeweiligen Gesamtumstände an. Die Verantwortung für den Arbeitsschutz tragen in solch einem Fall der Arbeitgeber und Betriebsleiter des Auftraggebers und Auftragnehmers, die Koordinatoren, ggf. auch der Bau- oder Projektleiter sowie die Führungskräfte der Fremdfirma. Daher ist es wichtig, den Umgang miteinander zu regeln, diese Regelungen zu fixieren und alle Schritte zu dokumentieren bis hin zur Unterweisung der Mitarbeiter des Auftragnehmers und Auftraggebers.