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Brandrauch
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Brandrauch: Mitarbeiter vor Brandfolgeprodukten schützen

  • 04.02.2022
  • Redaktionsteam SafetyXperts
  • 14 Min.

Bei jedem Brand entsteht Brandrauch in großer Menge. Er enthält Produkte, die toxisch (giftig), umweltgefährdend und korrosiv wirken. Sie haben weitreichende negative Auswirkungen für Menschen und Umwelt. Der Beitrag zeigt, warum Brandfolgeprodukte so gefährlich sind.

Die Schadenstatistiken melden in Deutschland über 200.000 Brände pro Jahr, alle 2 bis 3 Minuten kommt es zu einem Brand. Durch Brandereignisse entstehen allein im Privatbereich Schäden von jährlich über 1 Mrd. €: Das sind mehr als 20 Mio. € pro Woche.

Pro Jahr verlieren mehr als 600 Menschen bei Bränden ihr Leben und über 6.000 Brandverletzte kämpfen ihr Leben lang mit Langzeitschäden. Doch was viele nicht wissen, nicht das Feuer sondern der entstehende Brandrauch birgt die größte Gefahr.

Warum ist Brandrauch so gefährlich?

Ursache für die Gefährdung mit möglicher Todesfolge ist in den meisten Fällen die schnelle Ausbreitung von Brandrauch, bzw. es sind darin enthaltene Brandfolgeprodukte. Dies liegt vor allem an dem großen Anteil von Kunststoff in Gebäudebestandteilen (z. B. Baustoffe, Dämmstoffe, Bodenbeläge) und Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände wie Möbel, Vorhänge oder Elektrogeräte. Daraus können bei Bränden toxische (giftige), umweltgefährdende und korrosive Gase freigesetzt werden.

Brandrauch gefährdet Menschen und Umwelt

Daraus ergeben sich erhebliche Gefahren für Menschen und Umwelt. Brandrauch kann jedoch auch für Sachbeschädigung verantwortlich sein. Denn neben dem giftigen Brandrauch entstehen auch korrosiv wirkende Stoffe. Wenn sie Maschinen und Gebäude kontaminieren, können die Sanierungskosten den finanziellen Verlust durch die primären Brandschäden übersteigen.

Brandrauch kann sich weit ausdehnen

Die räumliche Ausdehnung von Schäden durch Brandrauch wird häufig durch äußere nicht kontrollierbare Einflüsse bestimmt. Bei ungünstigen Windverhältnissen und entsprechender Thermik können Brandrauch und mit ihm die Schadstoffe in weit entfernte Bereiche transportiert werden. In der Folge bestehen die Gefahren durch Brandfolgeprodukte nicht nur für Ihren Betrieb und Ihre Mitarbeiter, sondern auch umliegende Unternehmen und Personen aus der Nachbarschaft können betroffen sein.

Wie entstehen Brandfolgeprodukte?

Ein Verbrennungsvorgang ist ein komplexer chemisch-physikalischer Prozess, der durch die Art der verbrennenden Stoffe, Brandbedingungen und andere Faktoren beeinflusst wird. Daher müssen Sie grundsätzlich von mehr oder weniger undefinierten Randbedingungen bei Bränden ausgehen.

Jeder Brand ist anders, und dennoch haben alle Brände eines gemeinsam: Bereits in der Entstehungsphase (Schwelbrandphase) entwickeln sich große Mengen Brandrauch, die innerhalb weniger Minuten große Raumvolumen ausfüllen: weitläufige Fabrikhallen, große Bürokomplexe, offene Korridore.

Flammen haben eine zerstörende Wirkung, weil das Feuer mit der frei werdenden thermischen Energie (Wärmestrahlung) brennbare Stoffe quasi „verzehrt“. Diese Energie ist so groß, dass bestimmte Stoffe in ihrer chemischen Zusammensetzung verändert und chemische Moleküle regelrecht gespalten werden.

Auf diese Weise können sich in der Flamme vollkommen neue chemische Verbindungen bilden. So kann durch den mehr oder weniger unkontrolliert ablaufenden Verbrennungsvorgang aus ursprünglich unbedenklichen Ausgangsstoffen eine Vielzahl unterschiedlichster hoch kritischer Brandfolgeprodukte entstehen.

Welche Brandfolgeprodukte gibt es?

Brandstoffe sind das Ausgangsmaterial für den Brand und bilden die eigentliche Brandlast. Auch wenn die Ausgangsstoffe möglicherweise in ihrer Ursprungsform als unkritisch einzustufen waren, können sich durch das Feuer giftige, korrosive und umweltgefährdende Folgeprodukte bilden.

Asche – gefährlich für Mensch und Umwelt

Asche bildet den nichtbrennbaren Rückstand des Brandgutes und wird häufig fälschlicherweise als unbedenklich eingestuft. Durch die poröse Struktur von Aschepartikeln können sich leicht andere Stoffe anlagern („Klebeeffekt“). Wegen ihrer zum Teil giftigen Fracht besitzen Aschepartikel jedoch ein erhebliches Gefahrenpotenzial.

Aschepartikel sind zudem leicht und können somit durch die Thermik des heißen Feuers in weit entfernte Bereiche getragen werden. Aschepartikel können zudem wassergefährdend wirken, da sie samt ihrer giftigen Fracht teilweise in Wasser löslich sind.

Schlacke – giftige Stoffe

Schlacke besteht aus geschmolzenen und nachträglich erstarrten nichtbrennbaren Anteilen. Die Schlacke kann Einschlüsse giftiger Stoffe enthalten, die früher oder später wieder freigegeben werden können.

Ruß – langfristige Gefahr durch Giftstoffe

Ruß besteht aus kohlenstoffhaltigen Partikeln und unvollständig verbrannten organischen Materialien. Ähnlich wie bereits bei der Asche beschrieben, werden durch die poröse Struktur von Rußpartikeln Brandfolgeprodukte gebunden.

Ruß ist in der Lage, auch flüchtige Giftstoffe zu binden, die langsam aber kontinuierlich an die Umgebung abgegeben werden und somit über lange Zeiträume bioverfügbar bleiben.

Löschmittel – wassergefährdend

Löschmittel bestehen (abgesehen von gasförmigen oder pulverförmigen Produkten) zumeist als Hauptbestandteil aus Wasser (H2O), das naturgemäß als unbedenklich einzustufen ist.

Um die Löscheigenschaften zu verbessern, werden dem Wasser jedoch üblicherweise verschiedene Zusatzstoffe wie Schaumbildner, Gefrierschutzmittel, Stabilisatoren, Bakterizide und Salze beigemengt, die zum Teil als wassergefährdend eingestuft sind.

Kontaminiertes Löschwasser

Kommt Löschwasser mit gefährlichen wasserlöslichen Stoffen in Kontakt (Lagergut, Rohstoffe, Produkte oder Betriebsstoffe), kann es erhebliche Schadstoffmengen aufnehmen. Derart kontaminiertes Löschwasser kann große Folgeschäden verursachen, wenn es ins Oberflächenwasser gelangt oder im Erdreich versickert und zu einer Kontamination des Grundwassers führt.

Löschpulver – Gefahr für empfindliche Güter

Eine weitere Gefahr speziell für Sachwerte geht von Löschpulver aus. Trotz der ausgezeichneten Wirksamkeit von Löschpulvern können die darin enthaltenen Komponenten an empfindlichen Gütern (Elektronikprodukte, magnetische Geräte, Mess- oder Kontrollanlagen, medizinische Geräte, Lebensmittel, Arzneimittel, Textilien, Leder, etc.) erhebliche Folgeschäden verursachen.

Löschpulver kann in Verbindung mit Verbrennungsprodukten die Korrosion von metallischen Oberflächen beschleunigen (Maschinen, Gebäudeelemente etc.) sowie Sensoren von Messinstrumenten stören und Detektoren blockieren.

Brandrauch – Gefahr für Menschen, Umwelt und Sachwerte

Brandrauch entsteht bei fast allen Bränden bereits in der Entstehungsphase (Schwelbrandphase) und kann innerhalb weniger Minuten große Räume füllen. Innerhalb kurzer Zeit sinkt durch den entstehenden Brandrauch die Sichtweite meist so weit ab, dass betroffene Personen die Orientierung verlieren und sich ohne fremde Hilfe nicht mehr selbstständig in Sicherheit bringen können. Das wird besonders gefährlich, wenn Fluchtwege „verrauchen“.

Speziell bei der Verbrennung von Kunststoffen entstehen große Rauchgasmengen, die immer auch eine gefährliche Fracht mitführen. Kabelisolierungen und Fußbodenisolierungen bestehen zumeist aus Polyvinylchlorid (PVC) und können im Brandfall ätzende Salzsäure freisetzen. Geschäumte Dämmstoffe bestehen zum Teil aus Polyurethan (PUR) und können ätzende Blausäure sowie hochgiftige Cyanid-Verbindungen freisetzen. 

Diese Verbindungen verlassen gemeinsam mit den Rauchgasen den unmittelbaren Brandbereich, gelangen ins Freie oder kondensieren beim Abkühlen auf den Gebäude- und Inventaroberflächen. Dort verursachen sie Korrosionsschäden und bilden aufgrund ihrer toxischen Fracht eine Gefahr für Menschen, Umwelt und Sachwerte.

Brandrauch enthält neben festen Partikeln (Ruß und Aschepartikel) und verdampften Flüssigkeiten (Löschwasser, flüssige Rohstoffe und Produkte) vornehmlich gasförmige Stoffe. Die Zusammensetzung des Brandrauchs und seiner Bestandteile ändert sich stark mit der Art der verbrennenden Stoffe und den vorliegenden Brandbedingungen und wird besonders durch Sauerstoffzufuhr und Brandtemperatur beeinflusst.

Diese lebensgefährlichen Schadstoffe entstehen bei Bränden

Durch die unspezifischen Verbrennungsvorgänge entstehen zahlreiche Schadstoffe, welche für Sie und Ihre Mitarbeiter gesundheitsschädlich sein können und zum Teil giftige (toxische), ätzende (korrosive) bzw. geruchlich bedingt schädigende (olfaktorische) Eigenschaften besitzen.

Kohlendioxid

Kohlendioxid (CO2) entsteht bei einer Verbrennung von organischen (kohlenstoffhaltigen) Stoffen in Verbindung mit Luftsauerstoff. Die Gefahr liegt darin, dass Kohlendioxid den Sauerstoff der Atemluft verdrängt und dadurch erstickend wirkt.

Das Gas ist schwerer als Luft und sammelt sich somit in Bodennähe. Weil der Brandrauch nach oben steigt, wird bei Bränden die Sicherheitszone im unteren Bereich von Räumen mit Kohlendioxidgas gefüllt und damit der Fluchtweg abgeschnitten.

Kohlenmonoxid

Kohlenmonoxid (CO) entsteht bei Verbrennungen unter Sauerstoffmangel. Das Gas selbst ist giftig, da es den Sauerstofftransport im Blut hemmt. Gerade in der frühen Entstehungsphase von Bränden entwickelt sich besonders viel Kohlenmonoxid. Da Kohlenmonoxid-Gas farblos, geruchlos und geschmacklos ist, kann es vom Menschen praktisch nicht wahrgenommen werden.

Feuerwehrstatistiken belegen, dass nach Ausbruch eines Brandes im Durchschnitt maximal 4 Minuten zur Flucht bleiben, bevor sich tödliche Konzentrationen von Kohlenmonoxid gebildet haben. Bereits in geringen Konzentrationen, d. h. nach 3 Atemzügen, führt das Einatmen von Kohlenmonoxid zur Bewusstlosigkeit und aufgrund des toxischen Potenzials wenig später unweigerlich zum Tod.

Dioxin

Polyhalogenierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PHDD/ PHDF) entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von halogenhaltigen Verbindungen in Kombination mit organischen Stoffen, z. B. durch Abbrand von PVC. Dioxine sind auch bekannt als „Seveso-Gifte“. Als Leitsubstanz und giftigster Vertreter gilt 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin. Die toxische Wirkung dieser Verbindung ist 500-mal höher als Strychnin und Curare und 1.000-mal höher als Nikotin.

Durch Dioxine können Hautschädigungen (Chlorakne), Störungen des Immunsystems, des Nervensystems, des Hormonhaushalts, der Reproduktionsfunktionen und der Enzymsysteme hervorgerufen werden. Folgeschäden durch Dioxine können sich durch die Anreicherung im Körperfett in Form von Überpigmentierungen, Leberschädigungen, Störungen des Fettstoffwechsels oder Auslösung von Krebs äußern.

Aromaten

Aromatische Kohlenwasserstoffe treten auf in Form von Benzol, Toluol, Styrol, aromatischen Oxidationsprodukten (Phenol) und Halogenderivaten (Chlorbenzol). Die Flüchtigkeit der Verbindungen ist hoch, weshalb an Brandstellen auch nach dem Brand noch mit verdampfenden Aromaten aus Aschen oder Ruß gerechnet werden muss.

Aromaten wirken in geringen Konzentrationen meist reizend, in höheren Konzentrationen narkotisch. Benzol ist ein Blut- und Nervengift. Aromaten können chronische Erkrankungen hervorrufen. Bleibende Schäden können im Knochenmark, Blut und Nervensystem entstehen. Bei Benzol konnten mutagene (erbgutschädigende) und kanzerogene (krebserzeugende) Wirkungen nachgewiesen werden.

PAK

Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen typischerweise bei der unvollständigen Verbrennung und Pyrolyse (Sauerstoffmangel) jeglichen organischen Materials. Eine Vielzahl der PAK zählen zu den krebserzeugenden Verbindungen mit Benzo(a)pyren(BaP) als Leitsubstanz. BaP ist als krebserzeugender, erbgutschädigender und die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigender Stoff der Kategorie 2 eingestuft.

Asbest

Asbest wurde früher in Dämmstoffen und als Baumaterial verarbeitet. Die Verwendung von Asbest ist bereits seit 1993 generell verboten, jedoch findet sich der Stoff heute noch häufig in alter Bausubstanz. Asbest wirkt bei länger andauernder Exposition (z. B. durch Einatmen) nachweislich kanzerogen, es führt zu Lungenkrebs, der unter bestimmten Umständen als Berufskrankheit anerkannt wird. Dies rührt daher, dass die feinen Fasern in der Atemluft in die Lunge eindringen können.

Es gilt höchste Vorsicht für Ihre Mitarbeiter bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten. Auf eine fachgerechte Entsorgung von Brand- und Bauschutt ist unbedingt zu achten.

Künstliche Mineralfasern

Auch andere künstliche Mineralfasern (KMF) können je nach Zusammensetzung (z. B. in Dämmstoffen wie Glas- oder Steinwolle) krebserzeugende Fasern freisetzen. Die Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS 521) „Faserstäube“ befasst sich gezielt mit dem Umgang von künstlichen Mineralfasern (Mineralwolle) bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten.

Chlorwasserstoff

Chlorwasserstoff (HCl) und dessen Niederschläge (Salzsäure) können bei der Verbrennung von Stoffen entstehen, die das Element Chlor enthalten (z. B. PVC). Salzsäure wirkt bei Hautkontakt stark ätzend und reizt Augen und Schleimhäute der Atemwege. Chlorwasserstoff kann je nach relativer Luftfeuchtigkeit auf metallischen Oberflächen einen fortschreitenden Korrosionsprozess an Gebäuden, Anlagen und Maschinen auslösen.

Stickoxide

Stickoxide (NOx) entstehen bei der Verbrennung stickstoffhaltiger Produkte wie Melaminharzen z. B. in Spanplatten sowie Isocyanaten z. B. in geschäumten Dämmstoffen. In Verbindung mit Wasser wie dem Löschwasser können Stickoxide Säuren (Salpetersäure) bilden, die ätzend sowie giftig sind.

Schwefeloxide

Schwefeloxide (SOx) entstehen bei der Verbrennung schwefelhaltiger Stoffe, wie z. B. vulkanisiertem Gummi. Schwefeloxide bilden in Verbindung mit Wasser (z. B. Löschwasser) Säuren (Schwefelsäure) und sind ätzend sowie giftig.

Phosgen

Phosgen (COCl2) kann bei ungünstigen Brandbedingungen in Gegenwart von chlorhaltigen Stoffen entstehen, z. B. durch Abbrand von PVC. Das Giftgas Phosgen ist als Kampfstoff im 1. Weltkrieg bekannt geworden. Es zerstört die Schleimhaut der Lunge, wodurch sich die Lunge mit Lymphflüssigkeit füllt. Das Opfer ertrinkt an seiner eigenen Körperflüssigkeit.

Olfaktorische Schadstoffe

Olfaktorische Schadstoffe machen sich vor allem durch einen intensiven und zumeist üblen Geruch bemerkbar. Beim Menschen verursachen sie akute Beschwerden wie Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindelgefühl. Außerdem sind sie für hohe Konzentrationen PAK in der Luft verantwortlich. Einige dieser PAK sind, wie oben schon dargestellt, nachweislich krebserregend. Sie verursachen unter anderem Haut-, Lungen-, Magen-, Darmkrebs. Selbst bei kurzfristiger und geringer Exposition können Hautentzündungen sowie Reizungen der Atemwege, Augen oder des Verdauungstraktes die Folge sein. Ebenso kann die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt werden.

Schnelle und dauerhafte Schädigung

Die Verbrennung von nur 1 kg PVC kann rechnerisch eine Industriehalle mit einer Fläche von über 7.000 m2 mit HCl (bzw. Chloriden) derart kontaminieren, dass sich bereits nach wenigen Stunden sichtbare und zum Teil irreversible Korrosionsschäden an Maschinen, Anlagen und Gebäuden ausgebildet haben. Zement- und kalkgebundene Baustoffe reagieren mit Salzsäure in einem Auflösungsprozess zu Calciumchlorid.

Gefährliche “Flash-over”: Risiken einer Rauchgasexplosion

Flammen breiten sich horizontal in einem Raum aus, indem sich Materialien durch die Wärmestrahlung von bereits brennenden Gegenständen entzünden. Dies geschieht üblicherweise mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 m pro Minute und wird von Art, Menge und Beschaffenheit des Brandguts beeinflusst. Bei einem explosionsartigen Durchzünden von Brandgasen wird die Flammenfront bei Temperaturen von über 1.000 °C mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunden vorangetragen. Das Resultat ist ein augenblicklicher Vollbrand des betroffenen Bereichs.

Kommt es zu einem Flash-over, muss man in der Regel von einem Totalschaden ausgehen. Der betroffene Bereich gilt üblicherweise als verloren, weshalb sich danach Rettungsmaßnahmen der Feuerwehr neben der Personenrettung vornehmlich auf den Schutz von Nachbargebäuden konzentrieren müssen.

Wie es zum Flash-over kommt

Entsteht ein Brand, fangen zunächst Einrichtungsgegenstände, wie Möbel, Bodenbeläge, Vorhänge, Feuer und bilden Verbrennungsgase und Pyrolyseprodukte. Kann der entstehende heiße Brandrauch nicht durch Raumöffnungen abgeführt werden, staut sich Wärme an der Decke. Von der Rauchschicht selbst geht eine immer weiter steigende Wärmestrahlung aus. Zeitgleich steigt durch die Flammen die Temperatur im gesamten Brandraum. Die Oberflächen der noch nicht brennenden (aber brennbaren) Gegenstände erleiden eine thermische Zersetzung unter Bildung gasförmiger Pyrolyseprodukte und zünden bei einer Rauchgastemperatur von 500 bis 600 °C schlagartig durch: ohne direkte Zündquelle, allein aufgrund der Wärmestrahlung.

Unterweisung: So reduzieren Sie die Gefahren durch Rauchgase

Brandfolgeprodukte sind eine Gefahr für Mensch und Umwelt. Welche und wie viele Folgeprodukte bei einem Brand entstehen, kann jedoch nur schwer abgeschätzt werden: Das hängt stark von der Zusammensetzung des Brandguts sowie vom Brandereignis selbst ab.

Für die Sicherheit Ihrer Mitarbeiter gilt im betrieblichen Umfeld grundsätzlich § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bzw. § 3 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Sie verlangen, dass Sie mögliche Gefahren in Ihrem Betrieb in einer Gefährdungsbeurteilung einschätzen und beurteilen sowie Schutzmaßnahmen daraus ableiten und diese effektiv umsetzen.

Ebenfalls für Sie von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Gefahrstoffverordnung (z. B. § 7 GefStoffV). Mit den folgenden 6 Maßnahmen erfüllen Sie diese Anforderungen in Bezug auf die Gefährdung durch Rauchgase.

6 Maßnahmen zum Schutz Ihrer Mitarbeiter vor Rauchgasen

  1. Führen Sie regelmäßig Evakuierungsübungen durch – mindestens eine pro Jahr. Nur so stellen Sie sicher, dass sich Ihre Mitarbeiter auch bei Sichtbehinderung durch Brandrauch an die Lage der Notausgänge erinnern und sicher ins Freie gelangen.
  2. Unterweisen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig über im Betrieb vorhandene spezielle Gefahrenbereiche (z. B. Lagerorte für brennbare Flüssigkeiten, Gase, Kunststoffe), davon ausgehende Gefahren und den speziellen Umgang mit diesen Gefahren.
  3. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über Fluchtwege und machen Sie deutlich, dass diese unbedingt ständig frei gehalten werden müssen.
  4. Bringen Sie Ihren Mitarbeiten spezielle Verhaltensregeln bei Rauchentwicklung bei.
  5. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig in der Handhabung von Feuerlöschern.  So können Kleinbrände sofort gelöscht und die Gefahr der weiteren Ausbreitung auf andere Bereiche reduziert werden.
  6. Um für den Notfall gerüstet zu sein, unterweisen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig im richtigen “Verhalten im Brandfall”. Vor allem in Ausnahmesituationen werden oftmals gelernte Inhalte verdrängt oder in einer Kurzschlussreaktion genau falsch gemacht. Eine regelmäßige Wiederholung der Inhalte kann daher lebensrettend sein!

Inhalte der Unterweisung zu Brandfolgeprodukten

Es ist besonders wichtig, dass Sie Ihre Mitarbeiter über die besonderen Gefahren von Brandfolgeprodukten aufklären. Diese  8 Punkte sollen Sie bei einer Mitarbeiterunterweisung vermitteln:

  1. Gefahren durch Brandfolgeprodukte
  2. Brandlasten und Zündquellengefahr in den einzelnen Bereichen
  3. Gefahren von Brandrauch und den darin enthaltenen toxischen Brandfolgeprodukten
  4. Organisatorische Schadenverhütungsmaßnahmen
  5. Effektive Löschmaßnahmen, geeignete Löschmittel
  6. Wie gelangen Ihre Mitarbeiter im Notfall schnell und sicher ins Freie oder in einen geschützten Bereich (Fluchtwege, Evakuierungsmaßnahmen)?
  7. Welche Informationen zu Gefahren und welche Sicherheitshinweise finden sich in Sicherheitsdatenblättern (Wo steht was?)
  8. Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen sind erforderlich und wie werden diese sachgerecht durchgeführt?

Wiederholen Sie Mitarbeiterunterweisungen und Schulungen regelmäßig (mindestens jährlich) und dokumentieren Sie die Maßnahmen. Denken Sie auch an regelmäßige praktische Übungen.

6 Bausteine, die bei keiner Brandschutzunterweisung fehlen dürfen

So berücksichtigen Sie Brandrauch bei Erste-Hilfe-Maßnahmen

Sämtliche Brandfolgeprodukte stellen eine erhebliche Gefahr für Menschen und Umwelt dar. Für Menschen ist besonders der Brandrauch eine unterschätzte Gefahr, da er die Lunge stark belastet. Das dürfen auch die Ersthelfer nicht vergessen. Daher sollten Sie bei Rettungs- und Erste-Hilfe-Maßnahmen nach einem Brandereignis unbedingt die folgenden Regeln beachten.

Grundsätzlich gilt:

  • Sichern Sie zunächst die Brandstelle ab, bergen Sie betroffene Personen aus dem Gefahrenbereich und führen Sie Erste-Hilfe-Maßnahmen an einem sicheren Ort durch.
  • Achten Sie bei Erste-Hilfe-Maßnahmen darauf, sich nicht selbst in Gefahr zu bringen.
  • Eventuell ist während der Erste-Hilfe-Maßnahmen für den Helfer Persönliche Schutzausrüstung erforderlich:
    – Atemschutz (abhängig von der Expositionsdauer Atemfilter oder umluftabhängiges Atemschutzgerät)
    – Handschutz (Schutzhandschuhe)
    – Augenschutz (dicht schließende Schutzbrille)
    – Körperschutz (chemikalienbeständiger Schutzanzug)
  • Halten Sie sich während der Rettungs- und Erste Hilfe-Maßnahmen im Freien auf der Seite des Ereignisorts auf, aus der der Wind kommt.
  • Sorgen Sie dafür, dass sich ungeschützte Personen nicht dem Gefahrenbereich nähern.

So gelingt die Erste Hilfe in Ihrem Betrieb

Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Säuredämpfen

Verletzte Personen unter Selbstschutz aus dem Gefahrenbereich in frische Luft bringen.

  • Mit Säure verunreinigte oder mit Säuredämpfen kontaminierte Kleidungsstücke unverzüglich entfernen.
  • Bei Einatmen ist viel Frischluftzufuhr notwendig. Bei Atemnot Sauerstoff inhalieren lassen. Erste Symptome sind meist Hustenreiz oder Atemnot durch die Reizerscheinungen der Atemwege. Einatmen der Dämpfe kann auch noch nach Stunden zu einem tödlichen Lungenödem führen.
  • Bei Hautkontakt die betroffene Stelle mit reichlich Wasser abwaschen. Ätzungen an Haut und Schleimhäuten können die Folge sein.
  • Bei Augenkontakt das betroffene Auge mehrere Minuten bei geöffnetem Lidspalt unter fließendem Wasser spülen (Kopf in jener Richtung gedreht, dass das andere Auge nicht betroffen wird). Achtung: Erblindungsgefahr durch starke Ätzwirkung!
  • Bei Verschlucken sofort und wiederholt Wasser trinken. Erbrechen soll möglichst verhindert werden (Peforationsgefahr). Eventuell Magenspülung durchführen (Arzt). Symptome sind meist Übelkeit oder blutiges Erbrechen.

Das Eindringen von Säuren in Boden, Wasser und Kanalisation muss vermieden werden (Umweltgefährdung).

Entsorgung von Schadstoffen fachgerecht organisieren

Für die Sicherheit Ihrer Mitarbeiter ist es wichtig, dass Schadstoffe am und um den Brandschadenort sachgerecht entsorgt werden. Grundsätzlich zuständig ist der Eigentümer. Doch sämtliche Maßnahmen zur Schadenbeseitigung sowie Entsorgung müssen dabei von einem geeigneten und fachlich qualifizierten Entsorgungsunternehmen übernommen werden und in einem Sanierungs- und Entsorgungskonzept ausführlich beschrieben sein. Reststoffe, die nach Bränden entsorgt werden, sind in der Regel als Sonderabfälle einzustufen. Am besten, Sie stimmen sich schon bei Erstellung des Sanierungs- und Entsorgungskonzepts mit den zuständigen Stellen ab.

Da das Löschwasser Brandfolgeprodukte aufnimmt, ist eine Schädigungen der Umwelt durch kontaminiertes Löschwasser nicht auszuschließen. Diese Gefahr entsteht vor allem, wenn Reste der teilweise verbrannten und zum Teil toxischen Stoffe über das Löschwasser in den Regen- oder Abwasserkanal ablaufen bzw. in einen unbefestigten Untergrund einsickern.

Die wichtigsten Regeln zum Schutz Ihrer Mitarbeiter vor Brandfolgeprodukten

Bei einem Brand werden mit dem Brandrauch auch korrosive und giftige Stoffe in weit entfernte Bereiche getragen. Die daraus entstehende Kontamination kann Sanierungskosten nach sich ziehen, die den finanziellen Schaden der primären Brandschäden übersteigen.

Als Grundregel bei Bränden gilt: Rettung von Menschenleben geht vor Brandbekämpfung. Bei Rettungs- und Erste-Hilfe-Maßnahmen ziehen Sie in jedem Fall einen Arzt zurate, auch wenn akut keine Symptome bemerkbar sind.

Fluchtwege sind jederzeit von sämtlichen Brandlasten frei zu halten. Sie dürfen nicht versperrt werden und müssen in Fluchtrichtung jederzeit zu öffnen sein.

Klären Sie Ihre Mitarbeiter über die besonderen Gefahren von Brandfolgeprodukten auf. Hängen Sie Verhaltensregeln für den Fall einer Rauchentwicklung und eine Brandschutzordnung speziell für Ihren Betrieb in ausreichender Anzahl aus. Sorgen Sie dafür, dass Schadstoffe am und um den Brandschadenort sachgerecht entsorgt werden.

Autor: Michael Buser und Mag. (FH) Katrin Gruber