
Gehörschutz: Arbeitsschutz für die Ohren
Das Gehör der Beschäftigten muss während der Arbeit geschützt werden. In lärmintensiven Berufen ist der Gehörschutz deshalb elementar. Was Unternehmen und Arbeitgeber bei der Wahl der Gehörschützer beachten müssen, welche Modelle es gibt und wann Gehörschutz verpflichtend wird.
Warum ist ein Gehörschutz wichtig?
Die moderne Welt ist laut. Lärm ist der tägliche Begleiter im beruflichen und privaten Leben. Allerdings ist das Gehör für eine dauerhafte und hohe Lärmbelastung nicht geschaffen. Wer lärmbedingten Hörverlust vermeiden möchte, kommt um einen Gehörschutz nicht herum.
Das gilt besonders für Beschäftigte in der verarbeitenden Industrie. In vielen Branchen sind Unternehmen und Arbeitgeber dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten passenden Gehörschutz zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sind in machen Industriezweigen die Schallleistungspegel so hoch, dass das Tragen von Gehörschutz für die Mitarbeiter Pflicht ist.
Was versteht man unter Gehörschutz?
Gehörschutz zählt zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA) für Beschäftigte in Unternehmen und schützt das Gehör vor der Einwirkung von gesundheitsschädigendem Lärm. Darüber hinaus dient er zur Vorbeugung von Schalltraumata und ist eine der wichtigsten Maßnahmen in Bezug auf den Lärmschutz.
Ab wann ist Gehörschutz verpflichtend?
Gehörschutz wird von verschiedenen Berufsgruppen verwendet. Für Beschäftigte im Straßenbau, am Flughafen und an Industriemaschinen ist das Tragen von Gehörschützern am Arbeitsplatz ab 85 dB (A) vorgeschrieben.
In diesem Fall spricht man vom oberen Expositionswert. Ab diesem Wert müssen Arbeitgeber nicht nur die Gehörschutz-Tragepflicht anordnen, sondern auch die ärztliche Untersuchung des Gehörs. Außerdem müssen sie die einzelnen Lärmbereiche deutlich kennzeichnen und ein Lärmminderungsprogramm entwerfen.
Neben dem oberen gibt es den unteren Expositionswert von 80 dB (A). Wird dieser Wert am Arbeitsplatz erreicht, besteht für Arbeitgeber die Unterweisungspflicht ihrer Angestellten. Sie müssen die Beschäftigten über die gesundheitsschädigenden Wirkungen von Lärm aufklären. Zudem müssen sie einen persönlichen Gehörschutz zur Verfügung stellen und für jeden Mitarbeiter eine Gesundheitsakte führen.
Um das Gehör dauerhaft vor Industrielärm oder Schienenverkehrslärm zu schützen, werden die Gehörschützer für Beschäftigte in diesen Berufszweigen verwendet. Zum Teil kann der Lärm bei den Beschäftigten Tinnitus hervorrufen. Aus diesem Grund ist das Tragen des Gehörschutzes unerlässlich.
Welche Gehörschutz-Arten gibt es?
Die Hersteller bieten unterschiedliche Gehörschutz-Arten an. Im Folgenden werden die verschiedenen Arten näher vorgestellt.
Was ist ein Kapselgehörschutz?
Hierbei handelt es sich um einen Gehörschutz mit Kapseln, welche beide Ohrmuscheln umschließen. Dadurch trifft weniger Schall auf das Ohrgewebe und den Schädelknochen. Zudem besteht der Kapselgehörschutz aus dickem Material. Dadurch muss der Schall durch festes und dämmendes Material laufen.
Im Gegensatz zu Ohrstöpseln dämmt der Kapselgehörschutz effektiver im Tieftonbereich. Außerdem eignet er sich gut bei einer langen Tragezeit. Darüber hinaus sind die meisten Kapselgehörschutz-Modelle pflegeleicht. Daneben können Kapselgehörschützer leicht verstellt werden.

Vorteile und Nachteile von Kapselgehörschutz in einer Tabelle
Vorteile | Nachteile |
Hohe Lärmdämmung | Dämmung ist manchmal zu hoch |
Funk und Radio können integriert werden für verschiedene Industriezweige einsetzbar | Größe |
Hoher Tragekomfort | Druck auf den Kopf nach langem Tragen |
Schnelles Auf- und Absetzen | |
Wiederverwendbar | |
Es kommt zu keinem Druck auf den Ohren |
Was ist ein Bügelgehörschutz?
Diese Gehörschutz-Form wird unterm Kinn oder im Nacken zusammengehalten. Die maximale Dämmleistung liegt bei diesem Gehörschutz bei 25 dB. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass das Tragegefühl angenehm ist. Der Grund dafür ist, dass der Stöpsel nicht im Gehörgang sitzt, sondern von außen abschließt.
Vorteile und Nachteile von Bügelgehörschutz in einer Tabelle
Vorteile | Nachteile |
Einfach in der Handhabung | Bei Verwendung von normaler Kleidung kann es zu einem |
Hoher Tragekomfort aufgrund des geringen Gewichts | Sogenannten Übertragungsschall kommen |
Kann ohne Probleme mit anderer Schutzausrüstung kombiniert werden | Nur mit sehr niedrigen Dämmeigenschaften erhältlich |
Preisgünstig im Einkauf |
Was ist ein Gehörschutzstöpsel?
Dieser Gehörschutz ist als bereits vorgefertigter Gehörschutz erhältlich. Darüber hinaus gibt es Modelle, die kurz vor der Verwendung geformt werden müssen. Beide Varianten werden direkt in den Gehörgang gesteckt.
Vorteile und Nachteile von Gehörschutzstöpsel in einer Tabelle
Vorteile | Nachteile |
Geringes Gewicht | Übung beim Tragen notwendig |
Kostengünstig im Einkauf | Druckgefühl auf den Ohren während des langen Tragens. |
Geringes Tragegewicht | Entzündungen der Gehörgänge sind nicht auszuschließen |
Was sind Gehörschutz-Otoplastiken?
Charakteristisch für Otoplastiken ist der höhere Tragekomfort im Gegensatz zu Kapselgehörschützer oder Stöpseln. Häufig werden die Otoplastiken in den Industriezweigen angewandt, in denen die Beschäftigten den Gehörschutz ständig tragen müssen. In diesen Branchen sind die Mitarbeiter aufgrund des hohen Schallpegels verpflichtet, Gehörschützer zu tragen.
Wie die Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau) mitteilt, ist die Anschaffung von Gehörschutz-Otoplastiken förderfähig. Alle Infos zu den Fördermitteln stellt die bG Bau auf ihrer Webseite bereit.
Was ist der Unterschied zwischen seriellem und individuellem Gehörschutz?
Es gibt nicht nur einen Unterschied zwischen den Gehörschutz-Arten. Die unterschiedlichen Modelle werden nochmals in seriellen und individuellen oder maßgefertigten Gehörschutz unterteilt.
Was sind serielle Ohrstöpsel?
Bei den seriellen Ohrstöpsel handelt es sich um Modelle, die dem Namen nach „in Serie“ hergestellt werden. Diese Gehörschützer sind zum Beispiel aus Schaumstoff und oft nur für den einmaligen Gebrauch gedacht. Der Vorteil eines seriellen Gehörschutz ist unter anderem die anschmiegsame Form ans Ohr.
Daraus resultiert der hohe Tragekomfort. Zum seriellen Gehörschutz gehören neben den Ohrstöpseln die Kapselgehörschützer. Die Dämmwerte der meisten seriellen Gehörschützer liegen zwischen 20 dB und 30 dB.
Was ist ein individueller Gehörschutz?
Beim individuellen Gehörschutz handelt es sich um Maßanfertigungen. Die maßgefertigten Gehörschützer sind in der Regel mit und ohne Filter erhältlich. Der angepasste Gehörschutz gilt als der sicherste Lärm- und Arbeitsschutz für die Ohren. Darüber hinaus können die Gehörschützer zusätzlich mit Filtern ausgestattet werden. Für Musiker eignen sich diese Modelle sehr gut.
Die meisten Musik-Gehörschützer sind mit Filtern ausgestattet. Dabei können Musiker alle Klänge sehr gut hören, die Ohren werden gleichzeitig geschont. Durch die Filter werden besonders schrille Töne der Konzerte gedämmt, die eigenen Töne jedoch hörbar gemacht. Auch die Zurufe der Kollegen sind mit den Filtern gut verständlich.
Maßgefertigte Gehörschützer werden in der Regel von Hörgeräteakustikern angefertigt. Außerdem gibt es große Hersteller solcher individueller Gehörschützer.
Die einzelnen Modelle sind meistens aus Silikon. Sie passen sich gut an das Ohr an und können über eine längere Zeit getragen werden, ohne das ein unangenehmes Druckgefühl entsteht.
Viele Hersteller maßgefertigter Gehörschützer bieten ihre Produkte mit Filtern unterschiedlicher Stärke an. In den meisten Fällen sind die Filter in den Stärken 10, 15, 25 und 30 dB erhältlich.
Sowohl die Maßanfertigungen ohne als auch die mit Filter schützen das Innenohr optimal vor Schädigungen. Ohne ein Filterelement zeichnen sich die Gehörschützer durch eine starke Dämmung und einen perfekten Sitz aus.
Verfügt der Gehörschutz über ein Filterelement kann die Dämmung individuell eingestellt werden. Darüber hinaus kommt es bei einem Modell mit Filter zu einer Verbesserung des Frequenzverlaufs und des Signal-Rausch-Abstands. So können Beschäftigte in lauten Werkshallen trotz Lärm miteinander kommunizieren. Außerdem bieten zahlreiche Hersteller Gehörschützer mit verschiedenen Filtern, Dämmwerten und dem passenden Zubehör an.
Vorteile des maßgefertigtem Gehörschutz auf einen Blick
- hoher Tragekomfort durch Maßanfertigung
- kein Druckgefühl
- lange Tragedauer und Lebensdauer
- pflegeleicht
- verschiedene Dämmwerte
- Filter mit verschiedenen Stärken
- gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Verschiedene Bauformen des maßgefertigten Gehörschutz
Charakteristisch für den individuellen Gehörschutz sind nicht nur die verschiedenen Filter und Dämmwerte. Unternehmen und Arbeitgeber können sie in verschiedenen Bauformen für ihre Mitarbeiter anfertigen lassen.
Bauform | Bedeutung |
Stöpsel | Bei den Stöpseln handelt es sich um die kleinste Bauform. Zugleich ist es die Form mit dem geringsten Hautkontakt. Stöpsel eignen sich daher bestens für Motorradfahrer oder für Beschäftigte in der Baubranche. Auf Baustellen sind diese dazu verpflichtet, einen Schutzhelm zu tragen. Mit dem Helm sind die Stöpsel gut kombinierbar. |
Concha | Hierbei handelt es sich um die größte Bauform mit der größten Dämmung. Darüber hinaus zeichnen sich Concha durch den sichersten Sitz beim Tragen aus. |
Halbconcha | Die Dämmung bei Halbconcha-Gehörschützern ist größer als bei den Stöpseln. Dennoch ist nicht die gesamte Ohrmuschel ausgefüllt. |
Welchen Dämmwert benötigt Ihr Gehörschutz?
Beim Einkauf des Gehörschutzes sollten Unternehmen auf die Angaben der Hersteller achten. Unter anderem machen sie Angaben zum Dämmwert. In den meisten Fällen wird die englische Bezeichnung SNR angegeben. Die Abkürzung steht für „Single Number Rating“.
Der Dämmwert bei Gehörschützern wird in Dezibel (dB) angegeben und beschreibt die Differenz zwischen der Lautstärke vor dem Ohr und hinter dem Gehörschutz – vor dem Trommelfell. Mit dem SNR-Wert wird die durchschnittliche Schutzwirkung vor dem Lärm bezeichnet. Viele Hersteller stellen für ihre Kunden Dämmwerttabellen oder Dämmwertkurven kostenfrei bereit.
Dämmungen | Bedeutung |
Leichte bis mittlere Dämmung | Bei einem Dämmwert SNR unter 20 dB bleibt die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern voll erhalten. |
Mittlere bis starke Dämmung | Bei diesen Gehörschützern liegt der Dämmwert SNR zwischen 20 dB und 30 dB. Die Kommunikation im Betrieb ist bei der mittleren bis starken Dämmung teilweise möglich. |
Extreme Dämmung | Hier legt der Dämmwert SNR über 30 dB. Beim Gehörschutz mit diesen Dämmwerten werden die Geräusche und die Stimmen auf ein Maximum abgesenkt. |
Welche Berufsgruppen sind auf Gehörschutz angewiesen?
Im Folgenden werden drei Berufsgruppen vorgestellt, die aufgrund der lärmbedingten Arbeitsumgebung auf Gehörschutz angewiesen sind.
Berufe | Gehörschutz |
Beschäftigte in der Lebensmittel- und chemischen Industrie | In diesem Industriezweig werden häufig Metalldetektoren eingesetzt, um verlorengegangene Teile aufzuspüren. Für Beschäftigte in diesen Bereichen sind vorgeformte Gehörschutzstöpsel mit Sicherheitskordel verfügbar. In den meisten Fällen verfügen die Stöpsel über eine integrierte Stahlkugel. Darüber hinaus sind für diese Beschäftigten Bügelstöpsel mit einer Beimischung aus Eisenstaub verfügbar. Sowohl die Stahlkugel als auch der Eisenstaub werden von den Metalldetektoren erkannt. So können auch verlorengegangen Gehörschutzmittel aufgespürt werden. |
Mitarbeiter in der Dentalindustrie | In diesem Industriezweig tragen die Beschäftigten häufig einen Gehörschutz. In vielen Fällen handelt es sich hierbei um ein elektrisches Modulgerät, das mit Außenstöpseln ausgestattet ist oder das in eine Otoplastik integriert werden kann. Im Dentalbereich treten in der Praxis häufig hochfrequente Geräusche oberhalb von 6 kHz auf. Mit diesen Außenstöpseln werden diese Geräusche unterdrückt, während die Sprachverständigkeit erhalten bleibt. |
Beschäftigte im Cockpit und in Großraumbüros | Für diese Beschäftigtengruppen sind Gehörschützer in zwei Varianten erhältlich – als offener Stereokopfhörer und als geschlossener Kapselgehörschützer. Beide Modelle werden häufig bei tieffrequenten bis hin zu Schallpegeln von bis zu 1 kHz angewandt. |
FAQ: 10 Fragen und Antworten zum Thema Gehörschutz
Ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB (A) und einem Spitzenschalldruckpegel von 137 dB (C) muss der Gehörschutz benutzt werden. Wenn es im Betrieb Beschäftigte mit einem Schaden im Innenohr gibt, muss der Gehörschutz konsequent ab einem Tage-Expositionspegel von 80 dB (A) getragen werden. Wenn die oberen Auslösewerte erreicht sind, muss der Arbeitgeber den Gehörschutz bereitstellen. Darüber hinaus müssen Unternehmen kontrollieren, ob die Ohrschützer von der Belegschaft getragen werden.
Es gibt eine Betriebsanweisung. Entsprechend der DGUV-Regel 112-194 „Benutzung von Gehörschutz“, Abschnitt 3.3.1 muss der Arbeitgeber eine Betriebsanweisung für den entsprechenden Gehörschutz erstellen. Ein Muster für die Betriebsanweisung gibt es in Anhang 4 der DGUV-Regel
Gehörschützer sind von jeder Person zu tragen, die sich im Lärmbereich aufhält. In den meisten Fällen ist dieser Bereich mit „Gehörschutz benutzen“ gekennzeichnet. Darüber hinaus ist der Gehörschutz verpflichtend für Personen mit einem Innenohrschaden.
Der Arbeitnehmer muss den Gehörschutz tragen, sobald die oberen Auslösewerte erreicht sind.
Arbeitgeber müssen den Mitarbeitern den Gehörschutz kostenfrei zur Verfügung stellen. Die Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaften, Unfallkassen) können die Kosten übernehmen. Voraussetzung für die Finanzierung ist jedoch, wenn die akute Gefahr des Entstehens einer Berufskrankheit besteht oder sich eine Verschlechterung des Gesundheitszustands der Mitarbeiter abzeichnet.
Die Bereitstellung der PSA für die Mitarbeiter wird vom Arbeitgeber finanziert. In manchen Fällen zahlen die Unfallversicherungsträger Pauschalbeiträge.
Gemäß der PSA-EU-Verordnung muss der Hersteller bei PSA entweder Monat und Jahr der Herstellung oder Monat und Jahr des Verfalls angeben. Kann er hierzu keine präzisen Angaben machen, muss er in der Benutzerinformation entsprechende Angaben bereitstellen, die es ermöglichen, Monat und Jahr des anzunehmenden Verfalls zu bestimmen.
Der Kapselgehörschutz sollte auf dem Kopf einen ausreichend festen Sitz haben und keine Druckgefühle erzeugen. Bei Helm-Kapsel-Kombinationen kann die Andruckkraft einstellbar sein.
Der höhere Tragekomfort fördert die Bereitschaft zur Benutzung des Gehörschützers. Nur so ist es möglich, dass der Gehörschutz konsequent über die gesamte Expositionszeit getragen wird und somit seine Schutzwirkung erreicht wird.
Einige Hersteller bieten pegelabhängig dämmenden Gehörschutz an. Diese Modelle bieten in den Lärmpausen die Möglichkeit, zu kommunizieren, ohne sie abzunehmen.
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